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Hat er's vermasselt?

George Watsky - bekannt als Rapper, Poetry Slammer und Schauspieler - gibt mit 13 Stories in "Wie man es vermasselt" sein Prosa-Debüt. Gelingt ihm das oder hat er's vermasselt?

Die Aufmachung klingt spannend, ein Lyriker mit sagenhaftem Tempo (siehe youtube-Video weiter unten) wagt sich in Form von 13 Stories an literarisches Werk. "Wie man es vermasselt" erscheint heute, 23. August 2017, beim Diogenes Verlag.

Da erwarte ich Texte, die wie aus der Pistole geschossen kommen, die überraschen - zum Beispiel mit neuen Wörtern, mit Slang, mit eigenwilligem Stil. Salopp gesagt: Texte, die richtig reinknallen. Und der Klappentext schraubt die Erwartungen weiter hoch: "Brutal ehrlich und brüllend komisch (...) und sprachlich brillant" sollen Watskys Texte aus seinem Leben oder vielmehr von seinem Scheitern sein.

Hmmm... So begeistert kann ich von meiner Leseerfahrung leider nicht berichten. Die Geschichten sind mir sowohl inhaltlich als auch sprachlich zu zahm. Ich finde in den 13 Erzählungen nicht wirklich Geschichten vom Scheitern - oder höchstens im kleinen, mehr oder weniger banalen Ausmass. Na gut, ein Autor muss ja nun nicht die unglaublichsten Geschichten vom Versagen auspacken, wenn es sie nicht gibt. Aber Titel und Klappentext wecken nun mal diese Erwartung.

Sprachlich hat mich Watsky leider auch nicht überrascht. Schwer zu sagen, ob das nun alles in der Übersetzung verloren gegangen ist oder ob er auch im Amerikanischen auf altbewährtem Terrain bleibt. Interessant wäre es bei einem solchen Buch gewesen, einen Teil des Originals ins Deutsche hinüberzuretten, wie es "letteraturen" in ihrer Rezension von "The Hate U Give" beschreibt (Gegen den Hass, 8. August 2017).

Das klingt jetzt etwas nach Verriss, soll es aber nicht sein. Als ich meine falschen Erwartungen erst mal abgelegt habe, habe ich nämlich so einiges genossen an dem Buch. Der Einblick in das Erwachsenwerden eines berühmten Rappers, das eigentlich fast langweilig normal verlief, - das Bisschen Drogenkonsum und eine verranzte Wohnemeinschaft schocken wohl niemanden - ist schon wieder erfrischend unaufgeregt. Die sanften Töne trifft Watsky sehr gut. Besonders beeindruckt hat mich "Welches Jahr haben wir?", in dem er von seiner Epilepsie berichtet. Hier gibt er seinen Leserinnen und Lesern einen sehr persönlichen Einblick in seine Krankengeschichte, liefert gleichzeitig medizinische Hintergrundinformationen und schafft einen geschichtlichen Bezug.

Dramaturgisch am besten gefällt mir mit Abstand "Guter Fang!". In dieser Story wechselt er in immer kürzer werdenden Abschnitten hin und her zwischen zwei Geschichten, die eines gemeinsam haben: ebendiesen guten Fang - sei es nun eine adrette Flugzeugbekanntschaft oder ein Alaska-Lachs. Hier funktioniert der Spannungsbogen und Watsky bringt durch die immer rascheren Wechsel Tempo in die Geschichte.

Auch die Eröffnung mit "Stosszahn" bietet eine amüsant-dramatische Abenteuergeschichte, die sogar kurzzeitig übers Gefängnis führt. In den weiteren Geschichten hätte ich mir erhofft, noch mehr darüber zu erfahren, wie George vom normalen Schuljungen zum Rapper, Poetry Slammer und Schauspieler geworden ist. Das ist in "Fa kiu" zwar angerissen, bleibt aber eher oberflächlich.

Die Herausforderung, in 13 autobiographischen Stories alles zu sein - sensibel, cool, ironisch, witzig und sprachlich brillant - ist aber vielleicht auch einfach zu gross.

Fazit

George Watsky hat sein literarisches Debüt nicht vermasselt. Besonders die sanfteren Saiten zupft er gekonnt. Dort wo er versucht, frech und rotzig zu sein, geben entweder die Geschichten nicht genug her oder er müsste sprachlich einen Zacken zulegen. Für den Zweitling bleibt also durchaus noch Luft nach oben - vor allem in Sachen Sprachwitz. In der Zwischenzeit geniessen wir doch seine rasanten und intelligenten Videos.

Die Fakten

Wie man es vermasselt

George Watsky

Diogenes Verlag

336 Seiten

Erschienen am 23.08.2017

George Watsky raps fast

Herzlichen Dank an den Diogenes Verlag für das Leseexemplar.

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