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Mit dem Lada in die Walachei

"Tschick" - der Roman von Wolfgang Herrndorf - ist wie ein Kopfsprung ins Ungewisse. Rasant, witzig, spannend. Kurz: äusserst lesenswert! Ein Lesegenuss wie gemacht für den Sommer.

Tschick, Wolfgang Herrndorf, Rowohlt Verlag, 2010

Tschick heisst eigentlich Andrej Tschichatschow und ist der Neue in der 8. Klasse von Maik Klingenberg, seines Zeichens Langweiler aus gutem Hause, aber zerrütteter Familie. Niemand mag Tschick, auch Maik anfangs nicht. Dennoch wehrt sich Maik nicht lange, als Tschick ganz selbstbewusst in sein Leben tritt und ihn mit einem blauen, geklauten Lada Niva mit in ein Abenteuer nimmt - auf einen Road-Trip durch Deutschland. Ziel: Walachei - wo auch immer das sein mag. Hauptsache mal nicht als Langweiler dastehen, besonders nicht vor Tatjana, Maiks Schwarm. Also wird der Lada kurzerhand - ganz zweckmässig versteht sich - beladen und los geht es.

Und wie kommt man jetzt in diese sagenumwobene Walachei? Landkarte und Kompass waren gestern, die beiden Gymnasiasten verlassen sich ganz auf ihr Gefühl und den Zufall. Da sind Umwege und kleinere bis grössere Zwischenfälle natürlich vorprogrammiert: Von nervigen Polizisten, über Müllberg-Schönheiten und schiesswütige Kommunisten, bis zu hilfsbereiten Nilpferden gibt's in diesem Buch alles.

Wolfgang Herrndorf lässt uns aus der Perspektive von Maik, dem Ich-Erzähler, eintauchen in die Gefühlswelt eines Jugendlichen, ohne dabei gefühlsduselig zu sein. Er nimmt den Jargon der Jungen auf, ohne dass es ins Peinliche kippt. Er lässt die beiden Antihelden grandios scheitern, ohne sie zu blamieren. Klar sind einige Wendungen nicht total realistisch, aber trotzdem nimmt man sie dem Autoren ab. Und am Ende ist es auch einfach ein Buch über die Freundschaft.

Ganz minim überzeichnet ist vielleicht die Unwissenheit von Maik, was Gesetze, Polizei und Justiz angeht. Aber wer weiss, vielleicht entspricht sogar das zu Zeiten von "Barbara Salesch" der Realität.

Auch die Sprache überzeugt mit den knappen, kurzen Sätzen, scheinbar locker dahingeschrieben, mit absichtlichen Fehlern, wie sie in einem Schüleraufsatz auftauchen würden. Erfrischend bodenständig.

Kein Wunder, kürte Martin Ebel vom Tagesanzeiger Herrndorfs Roman zu einem der 17 Klassiker des 21. Jahrhunderts (Artikel vom 5. Juli 2017, nur für Abonnenten kostenlos).

Fazit

In diesem Jugendroman, den auch Erwachsene gerne lesen, ist alles dabei: Spannung, Witz, Alltagssorgen von Heranwachsenden und fast sowas wie eine Liebesgeschichte. Mit viel lakonischem Humor, Ironie und Einfühlungsvermögen fesselt uns Wolfgang Herrndorfs "Tschick" von der ersten bis zur letzten Seite. Mit Maik und Tschick rasen wir durch Deutschland, immer weiter und weiter, ohne Pause. Es könnte immer so weiter gehen... Und am Ende möchte man gleich wieder von vorne beginnen!

Die Fakten

Tschick

Wolfgang Herrndorf

Rowohlt

365 Seiten (in der Taschenbuchversion)

Erschienen am 17.09.2010

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