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  • Die graue Stadt

    (Werbung/Verlosung) Heute ist Torben Kuhlmanns neues Kinderbuch "Die graue Stadt" erschienen. Es erzählt die Geschichte eines Mädchens, das sich nicht mit dem Grau in Grau seines neuen Wohnortes abfinden will und sich auf die Suche nach den Farben macht. Zum Release des Buches könnt ihr bei mir ein Exemplar gewinnen! Vielen von euch dürfte Torben Kuhlmann von seinen Mäuseabenteuern her bekannt sein. Die zwei aktuelleren Bände "Edison" und "Einstein" habe ich euch auch schon eingehender vorgestellt. Nun hat der Kinderbuchillustrator und -autor aus Hamburg sein neues Kinderbuch "Die graue Stadt" veröffentlicht, wiederum beim Schweizer NordSüd Verlag (ihr kennt meine Schwäche für den Verlag und seine wunderbaren Bücher). Ich durfte mit Torben Kuhlmann die Buchpremiere auf Instagram feiern und habe mit ihm ein Gespräch geführt, in dem er ganz viele spannende Einblicke ins Buch gab, erklärte, wie es dazu kam und worauf es ihm in der Geschichte und in der Illustration ankam und vieles mehr. Hier könnt ihr das Live nachschauen. Ein Blick rein lohnt sich auch für alle Fans der Mäuseabenteuer - es gibt good news! ;-) Alles Grau in Grau? Robin, das Mädchen mit der gelben Regenjacke, zieht mit ihrem Vater und ihrem Kater in eine neue Stadt. Hier ist alles grau. Mausgrau, felsgrau, steingrau, kohlengrau... In der Schule fällt Robin mit der knallgelben Jacke und mit ihrem bunten Bild sofort negativ auf und muss schon am ersten Tag nachsitzen. Zur Strafe muss sie sich einen Film über die "wünschenswerten gesellschaftlichen Verhaltensweisen: Anpassung, Unterordnung, Disziplin" anschauen. Zum Glück ist sie nicht die Einzige, hinter ihr sitzt Alani. Schnell gibt auch er sich als Farbliebhaber und Rebell gegen das Graue zu erkennen und so werden sie zu Verbündeten. Robin macht sich - mit Hilfe von Alani und anderen Freund*innen der Farben - auf die Suche nach Farbe in der grauen Stadt und kommt einem Komplott auf die Spur. Hinter all dem Grau stecken die Grauwerke. Doch ist wirklich alles grau in dieser Stadt? Oder gibt es irgendwo noch Farbe und schafft es Robin, die Farben zurückkommen zu lassen? Copyright: NordSüd Verlag 2023. Eine Geschichte über Hoffnung, Freundschaft und Mut Auf ihrer abenteuerlichen Suche nach den Farben trifft Robin tatsächlich immer wieder auf Farben und schöpft Mut - ob es in der Wohnung von Alanis Onkel ist, in einer versteckten, kleinen Bibliothek oder einfach der Regenbogen am Himmel an einem ansonsten grauen Regentag. Robin bleibt immer voller Hoffnung, steht mutig für das Bunte ein, findet Freund*innen, die sich genauso nach mehr Farbe sehnen. In der grauen Stadt finden wir uns in einer grauen, erdrückenden, streng geregelten Welt wieder, die auf grauen Einheitsbrei setzt, in der Unauffälligkeit Trumpf ist. Das hat Torben Kuhlmann in seinen äusserst detailreichen Illustrationen, die sich mal über eine Seite und mal über eine Doppelseite erstrecken, eindrücklich eingefangen. Etwa mit den modernen grauen Häusern, die die ehemals schnuckelige Bibliothek unter sich zu erdrücken drohen. Dass Robins Hoffnungen berechtigt sind, erkennen wir nicht nur an farblichen Highlights wie dem Regenbogen, sondern auch am Grau, das bei genauerem Hinsehen so grau gar nicht ist. Die Grautöne changieren nämlich immer etwas in den Zeichnungen - ganz analog gezeichnet mit Zeichenstift, Fineliner und Aquarell. Da drückt etwas Rot durch, dort etwas Blau und da etwas Gelb. Für mehr Farbe und Vielfalt Über die Botschaft des Buches könnte man lange philosophieren. Da klingt so viel an und wie Torben Kuhlmann im Gespräch sagte, ist es auch den Leser*innen oder Betrachter*innen seines Buches überlassen, ihre Interpretation der Geschichte zu finden. Er streut viele Hinweise - etwa auf autoritäre Systeme, das Zubetonieren der Landschaft, brutalistische Architektur, rein funktionale Ästhetik usw. Ich lese "Die graue Stadt" als Plädoyer für mehr Farbe und damit auch Freiheit und Vielfalt in allen Belangen: eine pluralistische Gesellschaft, Kunstfreiheit, eine nachhaltige Stadtentwicklung, kulturelle Teilhabe für alle. Die Liste könnt ihr beliebig fortsetzen. Besonders gefällt mir auch, dass wir in Robin eine weibliche Heldin haben, ein mutiges Mädchen, das für seine Anliegen einsteht und kreative Wege findet, um seine Ziele zu erreichen. Im Zentrum der Handlung stehen hier die Kinder, Erwachsene sind Nebenfiguren. Ich könnte noch ewig weiterfahren mit den gelungenen Elementen dieses Kinderbuchs. Habt ihr zum Beispiel die "Spirit of St. Louis" entdeckt, die wir aus "Lindbergh" kennen? Oder habt ihr das Impressum gelesen? "Die graue Stadt" ist definitiv ein Kinderbuch, über das man in der Familie oder in der Schule bestens diskutieren kann! Vielleicht ja auch in Referenz zu Michael Endes "Momo". Denn diese Assoziation hatte nicht nur ich. ;-) Fazit Mit "Die graue Stadt" ist Torben Kuhlmann wieder ein eindrückliches Bilderbuch-Kunstwerk gelungen. Gestalterisch bis hin zu den kleinsten Details durchkomponiert und wunderschön mit Zeichenstift und Aquarellfarben umgesetzt, erzählt der deutsche Autor und Illustrator eine Geschichte darüber, dass es sich immer lohnt, an mehr Farbe und Vielfalt zu glauben und dafür einzustehen! So bunt war ein Buch voller Grau wohl noch nie! Die Fakten Die graue Stadt Torben Kuhlmann (Text + Illustration) NordSüd Verlag 64 Seiten Erschienen am 12.10.2023 Hardcover ISBN: 978-3-314-10652-1 Ab 8 Jahren Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Website von Torben Kuhlmann Torben Kuhlmann auf Instagram PS: Herzlichen Dank an den NordSüd Verlag für das digitale Rezensionsexemplar und die Bilder aus dem Buch. VERLOSUNG ZUM BOOK-RELEASE! Anlässlich der heutigen Buchpremiere darf ich dank dem NordSüd Verlag ein Exemplar von "Die graue Stadt" an euch verlosen! Kommentiere einfach unten, in welchem Bereich oder in welcher Beziehung du dir mehr Farbe wünschst, dann bist du im Lostopf! Weitere Lose gibt's hier: Instagram Facebook Die Verlosung startet mit der Veröffentlichung des Beitrags und endet am Donnerstag, 19. Oktober 2023, 23:59 Uhr. Teilnahmebedingungen: Du bist mindestens 18 Jahre alt und wohnst in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Das Los entscheidet über die Gewinner*innen. Im Falle des Gewinns wirst du hier bzw. auf Facebook oder Instagram benachrichtigt. Rechtsweg und Barauszahlung sind ausgeschlossen. Der Versand erfolgt durch den NordSüd Verlag. Zu diesem Zweck gebe ich die Adresse an den Verlag weiter. Die Verlosung hat nichts mit Instagram oder Facebook zu tun. Viel Glück! Deine Eliane * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • Heartstopper - Volume 2

    Kennt ihr den Webcomic oder die Netflix-Serie "Heartstopper"? Passend zum Coming Out Day habe ich mir Band 2 des Erfolgscomics von Alice Oseman in der Printversion vorgenommen. Vielleicht kennt Alice Osemans Fortsetzungscomic um das schwule Liebespaar Charlie und Nick von Tumblr oder aus der Netflix-Serie, von der es mittlerweile zwei Staffeln gibt? Oder habt ihr wie ich Band 1 "Heartstopper - Boy trifft Boy" in der Printversion gelesen? Dann kann ich euch "Heartstopper Volume 2" nur ans Herz legen. Es geht genauso spannend und gefühlvoll weiter, wie es aufgehört hat! Coming out wider Willen Ein offizielles Coming Out sollte in einer idealen Welt gar nicht mehr nötig sein, weil dann alle Geschlechtsidentitäten, sexuelle und romantische Orientierungen akzeptiert wären und nicht mehr von einer cis-heteronormativen Vorstellung von Liebe, Sexualität und Geschlechtsidentität als "Normalzustand" ausgegangen würde. Aber davon sind wir noch weit entfernt. Und deshalb hat der Coming Out Day auch heute noch seine Berechtigung, um über LGBTQIA+-Themen zu sprechen und für die Anliegen der queeren Community zu sensibilisieren - und v.a. queeren Menschen zuzuhören, wenn sie von ihren Erfahrungen berichten! Und hier kommen Charlie und Nick ins Spiel: Im Auftaktband wurde Charlie unfreiwillig geoutet und hat sich in seinen Schul- und Rugbykameraden und mit der Zeit guten Freund Nick verliebt. Band 2 setzt nun ein, nachdem Charlie Nick an einer Party geküsst hat. Oh nein, bestimmt hat er Nick damit völlig überrumpelt und der will jetzt gar nichts mehr von ihm wissen! Wären sie doch einfach gute Freunde geblieben. Doch Nick erwidert Charlies Gefühle. Auch wenn er bisher nur mit Mädchen zusammen war, zu Charlie fühlt er sich hingezogen, ist verliebt und möchte mit ihm zusammen sein. Das Schwierige daran ist nur, dass er erst einmal selbst mit der Situation klarkommen muss. Für sich herausfinden muss, wie er fühlt, als was er sich nun bezeichnen möchte. Schwul? Bi? Und wann er damit gegen aussen gehen möchte. Geprägt von seinem eigenen, unfreiwilligen Coming out gibt Charlie Nick alle Zeit, die er braucht. Neben Nicks Selbstfindung und seinem Coming Out, erzählt Alice Oseman in "Heartstopper Volume 2" auch noch eine wunderbare Freundschaftsgeschichte. Aber die müsst ihr selber entdecken! Alice Oseman hat die Graphic Novel mit abwechslungsreichen Panels in Graustufen illustriert und erzählt die Geschichte in wenigen Worten, manchmal sogar ganz ohne Worte. Ganz natürlich fliessen auch moderne Kommunikationsmittel, wie Messengerdienste, in die Kommunikation von Charlie und Nick ein. Toll ist auch, wie Alice Oseman immer wieder raus- und reinzoomt und uns mit kleinen Details grosse Geschichten erzählt. Ich möchte nach der wieder so begeisternden Lektüre unbedingt alle Bände von Heartstopper lesen. Demnächst erscheint schon Band 5, zeitgleich auf Deutsch und Englisch. Ich habe also noch etwas vor mir! ;-) Fazit Alice Oseman führt ihre Comic-Serie rund um Charlie und Nick - zuerst Freunde, dann ein Liebespaar - in "Heartstopper Volume 2" rasant und voller Gefühl weiter. Im Zentrum stehen das Zusammenkommen der beiden und das selbstbestimmte Coming Out von Nick. Eine tolle Graphic Novel - auch für Comiceinsteiger*innen, die queeren Jugendlichen Mut macht und alle anderen für das sensibilisiert, was wirklich zählt: Love is Love! Die Fakten Heartstopper Volume 2 Alice Oseman (Text + Illustration) Vanessa Walder (Übersetzung aus dem Englischen) Loewe Graphix 320 Seiten Erschienen am 15.06.2022 Hardcover ISBN 978-3-7432-0937-4 Ab 12 Jahren Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Website von Alice Oseman Alice Oseman auf Instagram Alice Oseman bei X, formerly known as Twitter PS: Herzlichen Dank an Loewe Graphix für das Rezensionsexemplar. * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • Cleopatra und Frankenstein

    Das Debüt von Coco Mellors "Cleopatra und Frankenstein" war im englischsprachigen Raum ein ziemlicher Erfolg. Ob es dem Hype gerecht wird? Lest selbst! "Cleopatra und Frankenstein" das erste Buch, das ich fast nur wegen der Übersetzerin, der fantastischen Lisa Kögeböhn, gelesen habe. Der amerikanisch-britische Hype war an mir vorbeigegangen und die Affiche, ein Roman über eine ungleiche Liebe in New York zu sein, hätte mich alleine jetzt auch nicht gekriegt. Aber wegen ebendieser Übersetzerin habe ich mir das Debüt der britisch-amerikanischen Autorin Coco Mellors dann im August, notabene der Women in Translation Month (#witmonth), vorgenommen. Mit über 508 Seiten passte das Buch erst noch wunderbar in das alljährliche #dickebüchercamp von Marina aka @nordbreze und in meine Ferien! ;-) Und schliesslich hatte ich durch unseren USA-Aufenthalt noch einen Grund, mich an diesen New-York-Roman heranzuwagen. Aber kommen wir mal zum Plot: Da treffen sich also die junge (und wunderschöne) Cleo, Studentin aus Grossbritannien, und der gut situierte Mittvierziger Frank an einem Silvesterabend in New York. So ungleich sie sind, so angezogen fühlen sie sich vom jeweils anderen und stürzen sich sofort in eine Beziehung. Ihre Romanze gipfelt (nicht nur, aber auch aus Visumsgründen) schon ein halbes Jahr später in der Hochzeit der beiden. Doch dann machen sich erste Risse bemerkbar und es wird klar, dass Franks Satz aus dem Eheversprechen zumindest nicht die ganze Wahrheit ist: "Wenn deine dunkelste Seite auf meine dunkelste Seite trifft, entsteht Licht." (S. 42) Vielleicht ist da durchaus Licht, aber eben auch Schatten. Denn bei Cleo und Frank drängen sich immer wieder Geister aus Vergangenheit und Gegenwart an die Oberfläche. So etwa ihre jeweiligen Beziehungen zu ihren Eltern, Cleos Depression oder harzige Karriere als Künstlerin und Franks exzessiver Alkoholkonsum und Arbeitswahn. Schon diese Mischung ist ziemlich toxisch und dann kommen auch noch andere Menschen ins Spiel und bringen die eh schon wacklige Ehe noch mehr ins Schwanken, etwa Franks promiskuitiver Freund Anders oder Eleanor, die neue Texterin in Franks Werbeagentur (das vermeintlich hässliche Entlein). Coco Mellors' Debüt ist stark Plot getrieben und so bin ich nur so durch die Seiten dieses Romans geflogen, ein echter Pageturner - sicher auch dank der famosen Übersetzung von Lisa Kögeböhn. Allerdings hat das Buch so einige Mängel: So sind fast alle Protagonist*innen - vielleicht mit Ausnahme von Eleanor und Santiago - ziemlich unsympathisch. Nun müssen Romanfiguren natürlich nicht unbedingt sympathisch sein, aber sowohl über Frank als auch über Cleo habe ich so einige Male den Kopf geschüttelt und sie machen auch nicht wirklich eine Entwicklung zum Besseren durch. Hinzu kommt, dass viele ihrer Entscheidungen und Handlungen - ob jetzt gut oder schlecht - einfach nicht nachvollziehbar waren. Die scheinbar dauer-verdrogten In-People von New York sind auch ganz schön klischeehaft. Natürlich gibt es da auch eine Alibi-PoC und einen besten schwulen Freund. Ich war zwar noch nie in New York, aber ich traue den Leuten dann doch mehr Vielschichtigkeit zu. ;-) Sehr sympathisch und lustig fand ich immerhin Eleanor mit ihrer jüdischen Mischpoche. "Als Frank mich vorstellt, wandert sein [Anders', A.d.R.] Blick über meinen Körper, als würde er einen Artikel überfliegen, weil er zu spät gemerkt hat, dass er ihn nicht interessiert, und ihn jetzt wohl oder übel zu Ende lesen muss." (S. 134) Dass man mit Eleanor mitfühlt, hat wohl auch damit zu tun, dass ihre Passagen die einzigen sind, die aus der Ich-Perspektive geschrieben sind. Vielleicht hätte es ganz gut getan, auch andere Protagonist*innen selber erzählen zu hören, anstatt sie relativ oberflächlich von aussen zu beobachten. Natürlich kann man diese Oberflächlichkeiten, die toxischen Männlichkeiten, die Objektifizierung von Frauen etc. - unter denen die Protagonist*innen zugegebenermassen auch leiden - als Gesellschaftskritik lesen, aber richtig explizit macht das die Autorin nicht. Trotz der Mängel, wundert es mich nicht, dass Warner Bros. bereits die Verfilmung als Serie angekündigt hat. Das könnte unterhaltsam und ziemlich witzig werden. Und wenn die Serie bissig genug wird, sogar eine bessere Version von "Sex and the City", wer weiss. Ich bin gespannt! Und ich kenne jetzt schon den nächsten Haustiertrend: Sugar Glider. Ich geb's zu, nach der Lektüre wollte ich auch einen. Wer mehr übers Übersetzen generell und ein paar Beispiele aus der Arbeit an "Cleopatra und Frankenstein" im Speziellen erfahren will, der kann beim Podcast eat.READ.sleep (Folge 84 vom 31.03.2023) mit Lisa Kögeböhn reinhören. Achtung: Hungergefahr! ;-) Fazit Ich habe "Cleopatra und Frankenstein" von Coco Mellors gerne gelesen. Für eine Ferienlektüre ist der Ausflug in die New Yorker Werbe- und Kunstszene ganz akzeptabel. Die Debütautorin schafft es, einen schnell reinzuziehen in den Strudel von Cleos und Franks Liebe, beweist Humor und liefert ein paar tolle Textstellen. Auch wenn der Roman mich nicht vollends begeistern konnte, erwarte ich mir von dieser neuen literarischen Stimme in Zukunft noch einiges. Die Fakten Cleopatra und Frankenstein Coco Mellors Lisa Kögeböhn (Übersetzung aus dem Englischen) Eichborn Verlag 512 Seiten Erschienen am 25.08.2023 Hardcover ISBN: 978-3-8479-0144-0 Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Coco Mellors auf Instagram Lisa Kögeböhn auf Instagram PS: Herzlichen Dank an den Eichborn Verlag für das digitale Rezensionsexemplar und an Lisa Kögeböhn für das schöne Foto! Die Seitenzahlen beziehen sich auf die E-Book-Version, können also von der Printversion abweichen. Als Hörbuch bei Storytel - Hörbuch-Flatrate gratis ausprobieren! Eine gekürzte Version von "Cleopatra und Frankenstein", gesprochen von Julia Nachtmann, findet ihr bei Storytel. Das Hörbuch von Lübbe Audio dauert 12h 25m. Da habt ihr also richtig etwas davon! Mit dem 45-Tage-Probeabo* könnt ihr unverbindlich reinhören und habt zudem Zugang zu über 500'000 weiteren Hörbüchern und E-Books für Gross und Klein! Wir können es nur empfehlen. Wir hören sehr viel, ob nun zuhause oder unterwegs. Das Abo ist jederzeit kündbar. Nach der Probephase kostet es 14.90 Euro/Monat. Diese Bücher könnten euch auch gefallen Morgen, morgen und wieder morgen - Gabrielle Zevin (Eichborn 2023) Drifter - Ulrike Sterblich (Rowohlt 2023) 22 Bahnen - Caroline Wahl (Dumont 2023) Kochen im falschen Jahrhundert - Teresa Präauer (Wallstein 2023) Die Gesetzlose - Anna North (Eichborn 2022) Pizza Girl - Jean Kyoung Frazier (Kampa 2022) * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch oder Hörbuch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • In der Savanne stimmt was nicht!

    (Werbung/Verlosung) Seid ihr auf der Suche nach einem längeren und witzigen Vorlesebuch? Dann kann ich euch das neue Bilderbuch "In der Savanne stimmt was nicht!" von Madlen Ottenschläger und Andrea Stegmaier empfehlen. Und weil ich es so cool finde, habe ich sogar 3 Exemplare zum Gewinnen für euch im Gepäck! 4- bis 5-jährige Kinder können Geschichten schon richtig gut folgen und da darf ein Bilderbuch auch mal etwas länger sein. So ein richtig schönes Vorlesebuch mit viel Text, in das man richtig versinken kann, ist "In der Savanne stimmt was nicht!" von Madlen Ottenschläger und Andrea Stegmaier. Das Kinderbuch gibt richtig viel her für einen verregneten Nachmittag oder auch zum Vorlesen über mehrere Abende hinweg. Da ist was faul in der Savanne! Die Geschichte beginnt an einem Montag, an dem Leonie Löwe so richtig schlecht aus dem Bett kommt. Viel lieber würde sie weiterträumen. Doch das coole an Montagen in der Savanne ist, dass Familie Löwe dann immer Schokopudding zum Frühstück ist - aus einer roten Badewanne. Wie sie zu der Badewanne kamen? Das verrate ich an dieser Stelle nicht. ;-) Oberlöwenfies, würde Leonie wohl sagen. Aber um die Badewanne geht's auch nicht. Denn das Entscheidende passiert am Dienstag: Papa Löwe benimmt sich plötzlich so merkwürdig, verzieht das Gesicht, isst kaum, ruft laut "Auuuuuuuaaaaa!" und taucht erst noch vor dem achten Busch links, unter dem Affenbrotbaum auf, wo Zahnärztin Zora Zebra gerade einem Geparden ins Maul schaut. Was wir Leser*innen wissen, Leonie aber nicht: Papa Löwe hat fürchterliche Zahnschmerzen. Doch er traut sich nicht, das zuzugeben, denn er schämt sich - sieht er sich doch als Vorzeigezähneputzer - immer schön 180 Sekunden KAI - Kauflächen, Aussenflächen, Innenflächen. Und ja, er hat auch Angst vor Zora Zebra. Leonie merkt aber sofort, dass da was nicht stimmt in der Savanne, montiert ihren Detektivinnenhut, zückt ihre Lupe, schnappt sich ihren Freund Luis und macht sich auf den Weg, des Rätsels Lösung zu finden. Ob Leonie ihrem Vater auf die Schliche kommt und ob Papa Löwe am Ende zu seinen Zahnschmerzen steht und sich in Zora Zebras Hände begibt, müsst ihr selber herausfinden! Oberlöwenstark erzählte und illustrierte Geschichte Madlen Ottenschlägers Geschichte lebt von der Nähe, die Kinder sofort zu Leonie spüren werden, von süssen Details wie den Glühwürmchen Emma und Anton und massenweise witzigen Einfällen wie den geburtstagswütigen Hyänen oder dem Erdferkel, das sich vom König der Savanne - ja, Papa Löwe - zum Wasserloch kutschieren lässt. Darüber hinaus traut die Kinderbuchautorin Kindern auch bezüglich Wortschatz und Wortspielereien einiges zu und spricht sie immer wieder direkt an. Andrea Stegmaier - fleissige Leser*innen meines Blogs kennen sie (siehe unten) - hat die Geschichte in ihrem unverkennbaren Stil in wunderbar savannenwarmen Farben, kontrastiert mit schönem Graublau bis Mint illustriert. Auch sie hat ihre Bilder mit schönen Details angereichert - wie süss ist bitte der geflickte Stofftierpinguin?! Eine gute Message (Zähneputzen ist wichtig und zu Zahnschmerzen soll man stehen) ist auch noch dabei, aber die finde ich persönlich zweitrangig. Die Geschichte funktioniert auch einfach als gut erzählte Geschichte. Wenn ihr aber zuhause Zahnputz-Issues habt, könnt ihr das Buch ja mal ausprobieren, dann ist "Zähneputzen mit ohne Lust" sicher ein schöner Nebeneffekt. Wenn ihr euch noch mehr Einblicke wünscht und noch einen Fan Fact zum Buch erfahren wollt, schaut mal in Andrea Stegmaiers Insta-Post zum Buchrelease vorbei! Fazit Auf so humorvolle, fantasiereiche und sprachverliebte Weise hat wohl noch nie jemand in einem Kinderbuch vom Zähneputzen und von Zahnschmerzen erzählt, wie dies Madlen Ottenschläger und Andrea Stegmaier in ihrem Kinderbuch "In der Savanne stimmt was nicht!" tun. Grosse (Vor-)Leseempfehlung - für alle Zahnputzmuffel und Löwenfans! Fakten In der Savanne stimmt was nicht! Madlen Ottenschläger (Text) Andrea Stegmaier (Illustration) Carlsen 80 Seiten Erschienen am 28.07.2023 Hardcover ISBN: 978-3-551-52206-1 Ab 4 bis 5 Jahren Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Madlen Ottenschläger auf Instagram Andrea Stegmaier auf Instagram PS: Herzlichen Dank an Carlsen für das Rezensionsexemplar und die Verlosungsexemplare. Weitere Kinderbücher von Andrea Stegmaier bei mint & malve Einfach buddeln! - Wenda Shurety, Andrea Stegmaier (Carlsen 2023) Home - A Story of Two Children Thrust Into Homelessness and Uncertain Housing Situations - Tonya Lippert, Andrea Stegmaier (Magination Press 2022) Die gestohlene Weihnachtsgans - Johanna Lindemann, Andrea Stegmaier (Annette Betz 2021) Gebrannte Mandeln für Grisou - Nikola Huppertz, Andrea Stegmaier (Tulipan 2020) VERLOSUNG: Gewinne eins von 3 Exemplaren! Mit Unterstützung des Carlsen Verlags darf ich 3 Exemplare von "In der Savanne stimmt was nicht!" verlosen. Es gibt hier, auf Instagram und Facebook je einen Lostopf. Ich lose jeden Topf einzeln aus. So geht's: Kommentiere, ob du oder dein Kind / deine Kinder auch schon mal schreckliche Zahnschmerzen hatten. Weitere Lose gibt's hier: Instagram Facebook Die Verlosung startet mit der Veröffentlichung des Beitrags und endet am Donnerstag, 12. Oktober 2023, 23:59 Uhr. Teilnahmebedingungen: Du bist mindestens 18 Jahre alt und wohnst in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Das Los entscheidet über die Gewinner*innen. Im Falle des Gewinns wirst du hier bzw. auf Facebook oder Instagram benachrichtigt. Rechtsweg und Barauszahlung sind ausgeschlossen. Der Versand erfolgt durch den Carlsen Verlag. Die Verlosung hat nichts mit Instagram oder Facebook zu tun. Viel Glück! Deine Eliane * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch oder Hörbuch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • Wie wir den Frieden lernten

    (Werbung/Verlosung) Mit "Wie wir den Frieden lernten" erzählt Annika Klee eine Geschichte vom Verlieren und Wiederfinden des Friedens. Nini Alaska hat das Kinderbuch zum Vorlesen oder Selberlesen wunderschön bebildert. Ihr könnt ein Exemplar des Buches bei mir gewinnen! Manchmal kann es schnell gehen und aus einer Kleinigkeit wird ein riesiger Streit. Kennt ihr das? Und oft ist den Streitparteien auch schnell nicht mehr bewusst, weshalb sie überhaupt streiten. Es geht dann nur noch ums Prinzip. Jede*r will recht haben, gewinnen, das Gesicht wahren. Genauso passiert es im neuen Kinderbuch "Wie wir den Frieden lernten" von Annika Klee (weitere ihrer Bücher habe ich unten verlinkt). Hilda, die Ich-Erzählerin des Buches, geht in Klasse A von Frau Fischer. Gemeinsam mit Klasse B von Frau Hecht befassten sie sich aktuell mit den Römern (und hoffentlich auch ein paar Römerinnen ;-)). Zum Projekt gehörte es auch, eine römische Stadt nachzubauen. Mitten im Projekt gerieten Lea und Nicola im Treppenhaus aneinander und Lea stürzte mit dem liebevoll aufgebauten Kartonmodell eines Tempels. Da Lea aus der A Nicola aus der B vorwarf, sie mit Absicht gestossen zu haben und Nicola voller Ärger reagierte und Lea beleidigte, brach ein Streit aus. Hilda und andere aus der A hielten zu Lea, die aus der B hielten zu ihrer Klassenkameradin Nicola. Stück für Stück schaukelte sich der Streit - der vielleicht auch nur aus einem Missgeschick entstand - zu einem veritablen Klassenkrieg hoch. Die beiden Klassen hatten sich so in dem Streit verrannt, dass niemand mehr die Reissleine zog und den Streit hinterfragte, einen Schritt auf die anderen zuging oder eine der Lehrerin um Hilfe bat. Und so kam es kurz vor der Präsentation der Römerstadtmodelle für die Eltern zum grossen Eklat. Aufgrund der drohenden Schande vor den Eltern schafften es Hilda und ein paar Freund*innen dann doch noch, das Ruder herumzureissen und mit Hilfe der beiden Lehrer*innen fanden sie einen Ausweg aus dem Schlamassel. Dabei beschäftigten sie sich eingehend mit dem Thema Frieden und Versöhnung. Der Weg zurück zum Frieden Annika Klee erzählt in ihrer Geschichte zum Vorlesen für Kinder ab 5 Jahren oder für Kinder ab 6 Jahren sehr gut nachvollziehbar von der sich immer schneller drehenden Spirale, die aus einer Kleinigkeit eine riesige Auseinandersetzung werden lässt. Im übertragenen Sinne könnte man sagen: wie aus Frieden Krieg wird. Natürlich geht es hier nicht um sich streitende Staaten, sondern um eine Alltagssituation. Und zum Glück kommen auch keine Menschen körperlich zu schaden. Aber die Geschichte macht trotzdem nachvollziehbar, wie ein kleiner Konflikt zu einem grossen eskalieren kann. Erst als die Kinder vor dem Scherbenhaufen ihrer zerstörten Stadtmodelle standen, fand ein Umdenken statt. Und so schildert die Autorin am Ende schön, wie Hilda und ihre Freund*innen und die vermeintlichen Gegner*innen mit eigener Kraft die Gewaltspirale durchbrachen und auf einen friedlichen Weg zurückfanden. Die Kinder besinnten sich darauf, dass man direkt von Beginn weg offen über Probleme sprechen sollte, damit sie sich gar nicht zu einem riesigen Problemberg auftürmen können. Und sie entwickelten nicht nur eine Idee, über die sie wieder zusammenfinden, sondern auch, wie sie den Frieden künftig erhalten könnten, damit so etwas gar nie mehr geschieht. Nini Alaska hat die Geschichte in ihrem typischen Stil mit warmen Farben illustriert. Die Kinder sind recht vielfältig dargestellt - mit unterschiedlichen Hauttönen, Haarfarben und Frisuren, mal mit und mal ohne Brille. Die Bilder reichen von ganzseitigen Illustrationen bis zu kleinen Vignetten auf weissem Hintergrund. Besonders gut gefallen mir die Bäume mit den kunterbunten Blättern. Ein erzählerisch und gestalterisch besonderer Clou ist das Buch im Buch. Aber das müsst ihr selber entdecken! Fazit "Wie wir den Frieden lernten" von Annika Klee und Nini Alaska ist ein gelungenes Kinderbuch zum Vorlesen oder Selberlesen, um über Konflikte und Konfliktlösung ins Gespräch zu kommen. Es bietet sich sowohl für zuhause als auch für die Schule an, um in Themen wie Krieg und Frieden einzusteigen und an eigene Erfahrungen der Kinder anzuschliessen. Die Fakten Wie wir den Frieden lernten Annika Klee (Text) Nini Alaska (Illustration) Jupitermond 40 Seiten Hardcover Erschienen am 27.09.2023 ISBN: 978-3-949239-10-6 Ab 5 Jahren (zum Vorlesen), ab 8 Jahren (zum Selberlesen) Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Annika Klee auf Instagram Nini Alaska auf Instagram PS: Herzlichen Dank an den Jupitermond Verlag für das digitale Rezensionsexemplar sowie die zur Verfügung gestellten Bilder. Weitere Kinderbücher über Frieden, Krieg und Streit auf mint & malve Lilly und Billy. Ich bin nicht schuld! - Ursula Gruss, Lukas Oleschinski (KraeHe Verlag 2022) Frieden - Baptiste Paul, Miranda Paul, Estelí Meza (NordSüd Verlag 2021) Wem gehört der Schnee? - Antonie Schneider, Pei-Yu Chang (NordSüd Verlag 2019) Irgendein Berg - Fran Pintadera, Txell Darné (Peter Hammer Verlag 2018) Weitere Kinderbücher von Annika Klee bzw. Nini Alaska Ava und die Rückkehr der Farben - Annika Klee, Stella Eich (Jupitermond Verlag 2023) Ellas Elfentanz - Annika Klee, Stella Eich (Jupitermond Verlag 2022) Haiferien - Nini Alaska (Tulipan 2020) Hollie und Fux - Nini Alaska (Tulipan 2019) VERLOSUNG: Gewinne 1 Exemplar! Zum Tag der Deutschen Einheit darf ich mit Unterstützung des Jupitermond Verlags ein Exemplar von "Wie wir den Frieden lernten" von Annika Klee und Nini Alaska an euch verlosen. So geht's: Kommentiere, was du hilfreich findest, um den Frieden zu erhalten, egal ob im Kleinen oder im Grossen. Weitere Lose gibt's hier: Instagram Facebook Die Verlosung startet mit der Veröffentlichung des Beitrags und endet am Montag, 9. Oktober 2023, 23:59 Uhr. Teilnahmebedingungen: Du bist mindestens 18 Jahre alt und wohnst in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Das Los entscheidet über die Gewinner*innen. Im Falle des Gewinns wirst du hier bzw. auf Facebook oder Instagram benachrichtigt. Rechtsweg und Barauszahlung sind ausgeschlossen. Der Versand erfolgt durch den Jupitermond Verlag. Zu diesem Zweck gebe ich deine Adresse an den Verlag weiter. Die Verlosung hat nichts mit Instagram oder Facebook zu tun. Viel Glück! Eure Eliane * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch oder Hörbuch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • Drifter

    Mit "Drifter" von Ulrike Sterblich stelle ich euch wohl das ungewöhnlichste Buch von der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2023 vor. Ich hab's auf jeden Fall geliebt. Wenn ihr Lust auf ein humorvolles Buch von der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2023 habt, kann ich euch neben meinem Patenbuch "Kochen im falschen Jahrhundert" von Teresa Präauer nun auch "Drifter" von Ulrike Sterblich wärmstens empfehlen. Ulrike Sterblich erzählt eine Geschichte, die schwerlich nachzuerzählen ist, so absurd ist sie, so viele mehr oder weniger glaubwürdige Wendungen nimmt sie und so viel skurriles Personal - tierisches und menschliches - fährt sie auf. Ich habe mich köstlich amüsiert, habe die popkulturellen Referenzen aufgesogen und die tiefgründigeren Metaebenen nebenbei mitgenommen. Bestimmt gäbe eine zweite oder dritte Lektüre oder die Diskussion in einem Lesekreis noch viel mehr Lesarten, viel mehr Schichten dieses irrwitzgen Romans frei. Ein Gang zur Pferderennbahn verändert alles Aber worum geht es denn nun? Wagen wir einen Versuch der Inhaltsbeschreibung, ohne zu viel zu verraten und euch den ganzen Lesespass zu nehmen: Ich-Erzähler ist Wenzel Zahn, irgendwo zwischen 30 und 40. Er arbeitet beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und ist dort zuständig fürs Community-Management, sprich: die Kommentarspalten. Ihr könnt euch vorstellen, was er da täglich zu Gesicht bekommt. Da braucht man schon so seine Coping-Strategien. Dieser Wenzel fährt nun mit seinem besten Freund Killer (eigentlich Marco Killmann) auf die Pferderennbahn. Eine schicksalhafte Unternehmung, denn nicht nur sieht Wenzel unterwegs eine Frau im goldenen Kleid mit dem neuen, noch nicht erschienenen Roman von Kultautor K:B Drifter, nach dem Pferderennen zieht auch noch ein Gewitter auf und Killer wird vom Blitz getroffen. Er überlebt zwar ohne grössere Blessuren, ist aber ziemlich verändert. Er kündigt seinen lukrativen Job als PR-Chef und zieht zurück in das Mietshaus am Stadtrand, in dem die beiden Freunde ihre Kindheit gemeinsam verbracht haben und wo Killers Mutter immer noch lebt. Scheinbar zufällig trifft Wenzel die Frau aus der Bahn wieder. Es stellt sich heraus, dass es sich um Vica handelt, eine bekannte Influencerin von LosVideos. Durch Wenzels Vermittlung bezieht sie mit ihrer dubiosen Firma mehrere Wohnungen in besagtem Wohnblock am Stadtrand. "Ich stellte mir noch einmal all die Fragen, die nur Vica beantworten konnte, also, woher kam der unveröffentlichte Drifter, was sollte das mit dem in die Luft gemalten Blitz, woher kannte sie meinen Namen, und hatte sie mich gesehen in der Straßenbahn, oder woher wusste sie, wo ich wohnte? Ich griff nach meinem Smarti und spielte zwei Runden FreeCell." (S. 36) Alles scheint hier mit allem verbunden zu sein, Vica weiss zudem verdächtig viel über Wenzel und Killer und zieht ihr Netz durch alle Lebensbereiche der beiden. Es geschehen fantastische Dinge, unmögliche Zufälle, es finden rauschende Partys statt, Wenzel begibt sich auf die Suche nach Drifter und seinem angeblich neuen Buch, das es doch nicht zu geben scheint, und alles wird immer surrealer. Und doch findet sich Wenzel in dieser neuen Welt mit seinem veränderten besten Freund irgendwie immer besser zurecht. "So, dachte ich, jetzt ist es amtlich: Bei Killer hatte sich was verschoben. Es ist nicht so, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank. Aber er hat das Geschirr neu sortiert." (S. 56) Ein literarisches Dickicht popkultureller Referenzen und unerwarteter Wendungen Um "Drifter" zu mögen, muss man Spass an Skurrilem haben, an Wissenslücken, die sich auch im Verlauf des Romans nicht wirklich aufklären. Dem Buch von Ulrike Sterblich merkt man auf jeder Seite die pure Lust am Erzählen, die Freude an der Sprache und an einer Mannigfaltigkeit an Referenzen an. Alte (und junge) FreeCell-Gamer*innen - wie ich - werden spätestens ab Seite 24 Fan sein. Smartwatch-Träger*innen wird es vielleicht kurz etwas unheimlich. Anhänger*innen von Wolfgang Herrndorf (siehe meine Besprechungen von "Tschick" und "Bilder deiner grossen Liebe") und überhaupt popkultureller Literatur und alternativer Online-Foren wird das "Ministerium für ehrliche Propaganda" in Anlehnung an "Wir höflichen Paparazzi" den Ärmel reinziehen. "Wie meistens, wenn ich mich zwischen zwei oder mehr Zuständen mental eingekeilt fühlte, spielte ich als Übersprungshandlung eine Runde FreeCell..." (S. 24) "Drifter" ist nun aber nicht einfach ein witziger Roman, es werden durchaus tiefgründige Themen angesprochen. Sie werden zwar nicht eingehend diskutiert, aber die Leser*innen werden dazu angeregt, sich über Themen wie Social Media und Medien generell, Tracking und andere Datensammlungen, lebenslange Freundschaften, die Liebe, soziale Klasse und mehr Gedanken zu machen. Dass die Themen nicht zerredet werden, finde ich gerade das Gute an diesem Roman. Denn er ist an sich schon opulent genug und nur Ulrike Sterblichs Gabe, uns die an sich unglaubwürdige Handlung als total glaubhaft zu verkaufen und in wunderbare Sprache zu packen, treibt uns durch das Buch. "Wäre es jetzt hier zu Ende gewesen, hätten wir uns jetzt verabschiedet, wäre es ein schöner, vielleicht sogar besonderer Abend mit neuen Bekanntschaften gewesen, aber ein isolierter Wert, der nicht in mein weiteres Leben hineinragte, in die dezidierten Merkwürdigkeiten, die mich überwucherten, als hätte ein wild gewordener Gärtner alles vollgepflanzt mit Lianen und Kletterpflanzen, mit Gewirr und Gewirk und Dickicht, in dem ich die Orientierung verlor inmitten blühender Opulenz." (S. 151) Fazit Ich könnte immer wieder in den genialen Bildern und den abstrusen Wendungen dieser Geschichte von Ulrike Sterblich versinken. "Drifter" macht einfach Spass und man entdeckt sicher bei jeder Lektüre, bei jedem Gespräch über das Buch wieder eine neue Facette. Ich freue mich sehr, dass ein solcher Roman es auf die Shortlist zum Deutschen Buchpreis geschafft hat. Ich gehe zwar davon aus, dass ein ernsteres Buch gewinnen wird, aber gönnen würde ich es Ulrike Sterblich sehr. Und jetzt muss ich ihr Memoir "Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt"* und ihren Debütroman "The German Girl"* unbedingt auch noch lesen! Die Fakten Drifter Ulrike Sterblich Rowohlt 288 Seiten Erschienen am 17.07.2023 Hardcover ISBN: 978-3-498-00326-5 Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Ulrike Sterblich auf Instagram PS: Herzlichen Dank an den Deutschen Buchpreis und den Rowohlt Verlag für das digitale Rezensionsexemplar. Die Seitenangaben beziehen sich auf die E-Book-Variante und können von der Printversion abweichen. Weitere Bücher der Longlist oder Shortlist des Deutschen Buchpreises 2023 bei mint & malve Die Möglichkeit von Glück - Anne Rabe (Klett-Cotta 2023) Kochen im falschen Jahrhundert - Teresa Präauer (Wallstein 2023) Birobidschan - Tomer Dotan-Dreyfus (Voland & Quist 2023) Zum Deutschen Buchpreis 2023 * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch oder Hörbuch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • Der Weltraumpostbote - Hungrig durchs Weltall

    Bitte einsteigen! Es gibt wieder Planeten-Post auszuliefern. In Band 3 des Comicabenteuers von Guillaume Perreault fliegt "Der Weltraumpostbote - Hungrig durchs Weltall". Der Tag beginnt für Bob schon denkbar ungünstig. Auf dem Hauptpostamt gibt es einen neuen Koch. Gegrillte Meteoritensplitter mit Weltraumkraken-Sosse ist so gar nicht Bobs Ding. Und das Erdnussbutter-Glas in seinem Raumschiff ist auch leer. Also geht's hungrig auf Tour durchs Weltall. Ein paar Briefe, Päckchen und eine Übergabe an ein anderes Postamt warten, nichts Besonderes. Die Post ist heilig und Bob hat's eilig Wer den Weltraumpostboten aus Band 1 oder Band 2 kennt, weiss aber, dass bei Bob eigentlich nie etwas so geschmiert läuft wie gedacht. Und so stösst Bob schon auf dem Planeten Krumgo auf so einige Herausforderungen. Da gibt es giftige Gase, um zu kommunizieren, muss er die Steinzahlen - eigentlich Rohziffern - zu Buchstaben formen und dann stösst er sich auch noch den Weltraumhelm an einem Stein an. Netterweise kriegt er von den Bewohner*innen Krumgos etwas Mäusespeck ab! Aber oje, der ist 800 Grad heiss! Hungrig und mit verbrannter Zunge geht es weiter zum gruseligen Planeten Kranduff im Sonnensystem des Grossen Friedhofs. Danach über Nirgh-Endwo, das innert Minuten in einem schwarzen Loch versinken wird, weiter nach Geriatron und zum Astrolab. Die ganze Zeit sehnt sich Bob nach einem simplen Gurkensandwich, einfach irgendwas Homo-sapiens-Taugliches. Aber er kriegt seinen Hunger einfach nicht gestillt, immer kommt dem armen Kerl etwas dazwischen. Auch Postbotin Marcella und der eher nervige Gefährte Youlain kommen in diesem Band wieder vor. Guillaume Perreault jagt seinen sympathischen Helden auch in Band 3 von "Der Weltraumpostbote" wieder mit viel trockenem Humor durchs Weltall. Der ewige Postbote des Monats wird so richtig herausgefordert. Ob er am Ende gesund heimkehrt und endlich sein Gurkensandwich kriegt? Das müsst ihr selber herausfinden! Der kanadische Comiczeichner Guillaume Perreault treibt die Handlung über den Prolog und die 6 längeren Episoden rasant voran. Mal mit viel Dialog, mal ganz ohne Worte. Die Zeichnungen sind wieder wunderschön, fantasie- und detailreich. So wird dieser Kindercomic zum idealen Einstieg ins Comicuniversum. Ich verlinke euch unten auch noch Band 1 und 2 - ebenfalls grosser Comicspass. Ihr könnt aber auch gut mit Band 3 starten. Fazit Bob hat's auch in "Der Weltraumpostbote - Hungrig durchs Weltall" von Guillaume Perreault nicht leicht. Aber wer den Comicspass aus dem Weltall kennt, weiss: Bob ist der Beste! Ich kann euch den dritten Band der Comicreihe aus Kanada nur empfehlen! Die Fakten Der Weltraumpostbote Hungrig durchs Weltall Guillaume Perreault (Text + Illustration) Ulrich Pröfrock (Übersetzung aus dem Französischen) Rotopol 160 Seiten Erschienen am 28.08.2023 Hardcover ISBN: 978-3-96451-047-1 Ab 7 Jahren Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Der Weltraumpostbote Die Motoräuber Guillaume Perreault (Text + Illustration) Ulrich Pröfrock (Übersetzung aus dem Französischen) Rotopol 152 Seiten Erschienen am 08.06.2022 Hardcover ISBN: 978-3-96451-030-3 Ab 7 Jahren Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Der Weltraumpostbote Guillaume Perreault (Text + Illustration) Ulrich Pröfrock (Übersetzung aus dem Französischen) Rotopol 144 Seiten Erschienen am 19.06.2020 Hardcover ISBN: 978-3-96451-017-4 Ab 7 Jahren Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Guillaume Perreault auf Instagram Rotopol auf Instagram Noch mehr kanadische Comics Apropos kanadische Comiczeichner*innen. Die Polle hat kanadischen Comics ihre Ausgabe #8 gewidmet. Ich habe sie euch in diesem Beitrag vorgestellt. Ein Comic-Magazin für Kinder, das sich immer lohnt, um neue Comicmacher*innen zu entdecken oder altbekannte wiederzuentdecken! * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • Die Möglichkeit von Glück

    Anne Rabes Debütroman "Die Möglichkeit von Glück" steht auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2023. Und das sehr zu recht! Weshalb, erfahrt ihr in diesem Beitrag. "Die Möglichkeit von Glück" von Anne Rabe hat mich richtig fertig gemacht. Und das ist als grosses Lob zu verstehen. Das wünsche ich mir von Literatur! Natürlich nicht immer, aber immer wieder und gerade, wenn es um so wichtige Themen geht wie in diesem Roman. Vorab möchte ich eine Triggerwarnung aussprechen: Dieser Roman enthält Szenen häuslicher und sexualisierter Gewalt, Selbstverletzung, Drogenkonsum und Mobbing. Ein emotionales Abtragen der Familiengeschichte, Schicht um Schicht Mit der Ich-Erzählerin Stine, wie die Autorin selbst 1986 in der sich dem Ende zuneigenden DDR geboren, macht sich Anne Rabe auf die Suche nach der Geschichte der Familie und danach, wie diese Geschichte bis heute Stines Leben prägt. "Da war ich also. Jüngstes Glied einer langen Kette unglücklicher Umstände, die meine Familie sein würden." (S. 9) Stine erinnert sich an ihr Aufwachsen in einer ostdeutschen Kleinstadt an der Ostsee, wie viel Gewalt da herrschte, innerhalb und ausserhalb der Familie, vor und nach der Wende. Wie kalt ihre Mutter war, wie sie physische, aber vor allem auch psychische Gewalt ausübte, quasi mit harter Hand das Bild der heilen Familie zu erhalten versuchte. Und der Vater, der nicht nur der Mutter stumm zusah, nicht einschritt, sondern selbst zum Täter wurde, seine Tochter sexuell missbrauchte (siehe Schlussbemerkung). Und sie erinnert sich daran, wie geschwiegen wurde und wird: Über die eigene Rolle in der DDR oder davor im Zweiten Weltkrieg, über das sich Zurechtfinden - oder eben auch nicht - im wiedervereinigten Deutschland. Stines eigene Mutterschaft und ihr Ziel, ihre Kinder in Geborgenheit und frei von Gewalt aufwachsen zu lassen, werden zum Ausgangspunkt für ihr Erinnern an die eigene Kindheit und für Nachforschungen über das Leben ihrer Vorfahr*innen, insbesondere ihres Grossvaters mütterlicherseits. Opa Paul entschied sich nach dem Zweiten Weltkrieg als einziger seiner Familie für ein Leben in Ostdeutschland. Und das schien ihm eine Weile auch zu gelingen. Doch Stine kommt mehr und mehr dahinter, dass "Nie wieder Faschismus!" nicht ausreicht, um es besser zu machen als die Nazis. "Opa Paul hat viele Leben geführt. Das Leben im Lumpenproletariat der Weimarer Republik, das Leben als Kanonenfutter, das Leben als Propagandist der SED und zum Schluss das des Betrogenen." (S. 288) Immer wieder springt Anne Rabe in der Zeit, webt die Verbindungen von der Vergangenheit in die Gegenwart, zeichnet ein immer deutlicheres Bild. Nicht nur der Familie, sondern auch des Aufwachsens im Ostdeutschland der Nachwendezeit und des Umgangs mit den geschichtlichen und familiären Prägungen. Klar, das erste Stichwort, das einem da in den Sinn kommt, ist "intergenerationales Trauma". Die grosse Kunst von Anne Rabe liegt aber nun darin, den Blick nicht "nur" auf ein isoliertes Trauma zu legen, sondern die ganze gesellschaftliche Situation in Ostdeutschland, das (fehlende) kollektive Aufarbeiten des Lebens in einer Diktatur, die eine andere Diktatur ablöste, zu analysieren. Und da wurde es mir zugegebenermassen angst und bang, wenn ich an die aktuellen Entwicklungen - Stichwort AfD - und die bevorstehenden Wahlen in deutschen Bundesländern denke. Und diese Befürchtungen lassen sich ja auch auf die Schweiz und andere europäische Länder übertragen, wo sich Ähnliches abspielt. Trotzdem macht "Die Möglichkeit von Glück" auch Hoffnung. Hoffnung, dass wir Spiralen von Gewalt, Rassismus und autoritären Systemen (ob nun innerhalb von Familien oder in der Gesamtgesellschaft) überwinden können, wenn wir wie Anne Rabe den Mut haben, das Schweigen zu brechen, hinzuschauen, nicht nur auf die Symptome wie die Baseballschlägerjahre, Pegida, brennende Asylunterkünfte, rassistische Gewalt und Rechtsrutsche allenthalben, sondern auf deren Ursachen. Und wenn wir die Erinnerungskultur nicht nur hochhalten, sondern auch persönlich nehmen! "So gewiss wie Max Mustermann sagen kann, dass im Dritten Reich Juden, Homosexuelle, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, körperlich und geistig Behinderte, psychisch Kranke und Widerständler mit deutscher Gründlichkeit verfolgt, gedemütigt, gefoltert und ermordet wurden, so sicher ist er sich auch, dass Opa Hänsel und Uroma Gretel damit nichts zu tun hatten." (S. 67) Dann kann die im Mauerfall inbegriffene Möglichkeit von Glück vielleicht Realität werden. "Alljährlich im Herbst laufen über die Bildschirme die glücklichen Bilder des Mauerfalls. Die Menschen, die sich in die Arme fallen und kaum fassen können, dass das, was da gerade passiert, wirklich geschieht. Auf ihren Gesichtern Erleichterung und die Möglichkeit von Glück." (S. 13) Besonders berührt haben mich in Anne Rabes Debüt die Passagen, in denen Stine zu sich selber spricht. Man möchte sie und ihren kleinen Bruder Tim einfach nur in den Arm nehmen. Ihnen eine zweite Kindheit schenken. "Was Tim und ich uns erzählen, wenn wir über unsere Kindheit sprechen, sind Geschichten davon, wie wir gelernt haben, still zu sein." (S. 19) Für das Erkennen der historischen Dimension sind aber auch die faktenbasierten, eher berichtenden Teile bedeutend. Das Sprengen von Genre-Grenzen macht diesen Roman auch auf formaler Ebene zu einem aussergewöhnlichen Werk, einem Werk mit politischer Aussagekraft. Eine Stimme, die es gerade heute so dringend braucht und von der ich mir noch viel mehr Wünsche! Schlussbemerkung Ich habe zahlreiche Besprechungen des Buches gelesen und mir einige Interviews mit der Autorin angehört. Der sexuelle Missbrauch durch den Vater wird da konsequent ausgeblendet. Er wird durchgehend als passiv, quasi als Mittläufer und Schweiger beschrieben. Und da frage ich mich: Wieso können nicht mal Rezensent*innen oder Interviewpartner*innen seine Täterschaft klipp und klar benennen? Haben sie Angst, sie müssten dann die Anschlussfrage nach dem Anteil an Autobiografischem stellen? Oder spielt hier wieder einmal der Mechanismus, dass etwas so Grausames nicht sein darf und deshalb nicht sein kann? Vielleicht liege ich ja völlig falsch und die betreffenden Personen wollten einfach nicht spoilern. Aber irgendwie scheint mir das nicht der Grund und auch kein Zufall zu sein. Als wäre die Rezeption des Buches der beste Beweis dafür, wie sich Gaslighting und misogyne Prozesse, das Schweigen über Gewalt in unserer patriarchalen Gesellschaft immer weiter ziehen. Wenn ihr Gegenbeispiele findet, freue ich mich sehr über einen Hinweis via Kommentare oder per Mail. Fazit Lest "Die Möglichkeit von Glück" von Anne Rabe. Es ist ein Aufruf zum Hinschauen und zum konsequenten Verarbeiten und Bewältigen der Vergangenheit. Dieses Buch tut weh, aber es ist so gut. Für mich ist dieser Roman absolut Buchpreis-würdig! Die Fakten Die Möglichkeit von Glück Anne Rabe Klett-Cotta Verlag 384 Seiten Erschienen am 17.03.2023 Hardcover ISBN: 978-3-608-98463-7 Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Anne Rabe auf Instagram PS: Herzlichen Dank an den Deutschen Buchpreis und den Klett-Cotta Verlag für das digitale Rezensionsexemplar. Die Seitenzahlen bei obigen Zitaten beziehen sich auf die EBook-Ausgabe, können also von jenen der Printausgabe abweichen. Weitere Bücher der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2023 bei mint & malve Kochen im falschen Jahrhundert - Teresa Präauer (Wallstein 2023) Birobidschan - Tomer Dotan-Dreyfus (Voland & Quist 2023) * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch oder Hörbuch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • Welches Tier war hier?

    Habt ihr einen kleinen Bücherwurm zuhause? Dann bringt euch das Pappbilderbuch "Welches Tier war hier?" von Lena Walde und Meike Töpperwien bestimmt grossen Spass ins Kinderzimmer! Auf geht's in die Savanne! Mit dem neuen Pappbilderbuch "Welches Tier war hier?" von Lena Walde und Meike Töpperwien heften wir uns an die Fersen typischer tierischer Bewohner der afrikanischen Steppenlandschaft. Doch auf den ersten Blick zeigen uns die beiden nur die Spuren von Giraffe, Zebra, Löwe, Elefant und Affe. Ein Fussabdruck hier, eine Hinterlassenschaft dort. Mit frischen Reimen ruft Lena Walde die kleinen Bücherwürmer zum Suchen auf. "Könnten diese fremde Fährte und die Kötel - ziemlich klein - etwa von den grossen, gelben, braun gefleckten Tieren sein?" Der Sucherfolg stellt sich ganz bestimmt schnell ein, so dass sich das Kind schon beim Vorlesen diebisch freut, die Giraffe hinterm Baum oder den zweiten Elefantenrüssel längst entdeckt zu haben. In Ergänzung zu den gereimten Passagen finden wir immer wieder Sprechblasen von Klein- und Kleinsttieren, die mal mehr, mal weniger den Durchblick haben. Meine jüngste Tochter ist zwar schon vier Jahre alt, aber sie hat immer noch einen riesigen Spass an diesem Bilderbuch. Ihr Lieblingsstelle? "Ist doch pupseinfach!" Äh, ja. Fäkalsprache zieht auch bei Vierjährigen noch. Auf den von Meike Töpperwien gestalteten Seiten ist schon recht viel los. So kann man auch beim zweiten und dritten Vorlesen noch etwas Neues entdecken und auch etwas älteren Kindern wird's nicht langweilig. Mir gefallen die savannig-gelb-grüne Farbpalette und die für ihren Stil typischen, lustigen Kulleraugen der Tiere. Und zu guter Letzt möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass wir hier für einmal nicht ins pauschalisierte "Afrikaaaa" reisen, sondern eben in den ganz spezifischen Lebensraum der Savanne, der auch so benannt wird. Fazit "Welches Tier war hier?" von Lena Walde und Meike Töpperwien ist ein wunderbar gereimtes Pappbilderbuch, das schon die Kleinsten zu einer Spurensuche in der Savanne einlädt. Ein Bilderbuch, das immer wieder Spass macht - auch beim zehnten Mal! Die Fakten Welches Tier war hier? Lena Walde Meike Töpperwien Oetinger 16 Seiten Erschienen am 12.08.2023 Pappbilderbuch ISBN: 978-3-7512-0307-4 Ab 18 Monaten Buch kaufen bei genialokal.de* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Lena Walde auf Instagram Meike Töpperwien auf Instagram PS: Herzlichen Dank an die Autorin und den Verlag für das Rezensionsexemplar. Weitere Pappbilderbücher auf mint & malve Wuschelkopf und Pupspopo - Cornelia Lindner, Verena Tschemernjak (Achse Verlag 2023) So schlafe ich! Und wie schläfst du? - Olaolu Fajembola, Tebogo Nimindé-Dundadengar, Paran Kim (Carlsen 2023) Suppe ist fertig! - Susanne Strasser (Peter Hammer Verlag 2022) Und was fühlst du, Känguru? - Nora Imlau, Lisa Rammensee (Carlsen 2022) Komm, wir zeigen dir unseren Wald! - Constanze von Kitzing (Carlsen 2022) Meine Gartenfreunde. Die kleine Meise - Carla Häfner, Sandy Lohss (Oetinger 2022) Guten Morgen, schöner Tag! - Elisabeth Steinkellner, Michael Roher (Tyrolia Verlag 2022) Wo versteckst du dich? Kleiner Koala - Franziska Jaekel, Rachael Hare (Dorling Kindersley 2021) Bin gleich fertig! - Martin Baltscheit, Anne-Kathrin Behl (Beltz & Gehlberg 2021) Noch mehr Pappbilderbücher findet ihr mit dem Hashtag #Pappbilderbücher. * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • Ein total genialer Mummeltag

    (Werbung/Verlosung) Kennt ihr diese Tage, wo ihr tolle Pläne schmiedet, die aber kurzerhand ins Wasser fallen? Genau einen solchen Tag erlebt die Mummelfamilie im Bilderbuch "Ein total genialer Mummeltag" von Nora Imlau und Pe Grigo. Zum Weltkindertag darf ich ein Exemplar dieses gefühlvollen Kinderbuchs an euch verlosen! Die Familie Mummel entscheidet sich nach einigem Hin und Her dazu, ins Schwimmbad zu fahren. Mit dem Entscheid ist es natürlich nicht getan, da fängt der Vorbereitungsstress für den Ausflug erst an. Ihr kennt's bestimmt! Erst recht, wenn die Familie so gross und divers ist wie Familie Mummel. Bis da das coole Mummel, das rosalila Mummel, das gelb getupfte Mummel, das orange Mummel und das grün gescheckte Mummel alles beisammen haben, hat das winzig kleine Minimummel schon wieder Hunger! Aber das kuschelweiche Mummel bewahrt zum Glück Ruhe und irgendwann sind tatsächlich alle startklar. Wenn nichts nach Plan läuft Doch, oh Schreck! Beim Schwimmbad angekommen, gibt's das nächste Problem: "Heute geschlossen", steht da auf dem Schild. Oh nein! Jetzt wird geweint und getobt und verzweifelt die Schwimmbrille in den nächsten Busch gepfeffert. Was nun? Das kuschelweiche Mummel weiss zum Glück Rat, überlegt zuerst einmal, was denn die Bedürfnisse der Mummel-Bande sein könnten und findet eine Lösung, die alle zufriedenstellt. Und so wird es doch noch ein total genialer Mummeltag. Nora Imlau erzählt mit ihrem Bilderbuch "Ein total genialer Mummeltag" eine Geschichte, die sowohl die Kinder als auch die vorlesenden Eltern oder Bezugspersonen so, so gut nachvollziehen können! Die Bedürfnisse der verschiedenen Mummel sehr unterschiedlichen Alters gehen weit auseinander. Und das kuschelweiche Mummel scheint erst noch alleinerziehend zu sein oder zumindest heute das einzige erwachsene Mummel. Bedürfnisorientiert ans Ziel Mit viel Humor wirft uns die Expertin fürs bedürfnisorientierte Familienleben mitten hinein ins ganz normale Familienchaos. Und genauso führt sie uns ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit einer guten Portion Kreativität und einer Prise Bedürfnisorientierung wieder hinaus. Wie das bei den Mummel genau funktioniert, müsst ihr selber nachlesen. Und beim nächsten Familienausflug denkt ihr garantiert schmunzelnd an die Mummel-Misere! ;-) Im Abspann gibt uns Nora Imlau noch ein paar Tipps an die Hand, wie wir selbst zu kreativen Problemlöse-Mummeln werden können. In die Mummel muss man sich einfach verlieben. Jedenfalls war es um meine Kinder und mich sofort geschehen, weil sie so empathisch erzählt, aber auch zu süss von Pe Grigo illustriert sind. Die Mimik und Gestik der Mummel ist einfach zu witzig. Wir können ihre Gefühle so gut nachvollziehen. Was meine Kinder zuerst fragen würden, wenn sie ein Mummel anträfen? "Isst du echt gerne rohe Zwiebeln?!" Das beschäftigt besonders unsere Kleineste sehr. ;-) Da die Mummel eine grosse Altersspanne aufweisen, hören aber auch die grösseren Kinder noch gerne mit und wir Erwachsenen lesen dieses Bilderbuch mit relativ viel Text auch sehr gerne vor. Seit über einem Jahr ist es jetzt hoch im Kurs. Deshalb freue ich mich, dass ich weiter unten ein Exemplar an euch verlosen darf! Die Fakten Ein total genialer Mummeltag Nora Imlau (Text) Pe Grigo (Illustration) Carlsen Verlag 40 Seiten Erschienen am 29.08.2022 Hardcover ISBN: 978-3-551-52163-7 Ab 3 Jahren Buch kaufen bei genialokal.de* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Nora Imlau auf Instagram PS: Herzlichen Dank an den Carlsen Verlag für das Rezensions- und das Verlosungsexemplar. Weitere Kinderbücher von Nora Imlau bzw. Pe Grigo Und was fühlst du, Känguru? - Nora Imlau, Lisa Rammensee (Carlsen 2022) Leopeule - Nina Hundertschnee, Pe Grigo (Dragonfly 2020) VERLOSUNG ZU #HEUTEEINBUCH: Gewinnt 1 Exemplar von "Ein total genialer Mummeltag"! Im Rahmen der Blogger*innen-Aktion "Heute ein Buch! - Aus Liebe zum Lesen" darf ich zum Weltkindertag mit Unterstützung des Carlsen Verlags ein Exemplar von "Ein total genialer Mummeltag" an euch verlosen! So geht's: Verrate mir in den Kommentaren, welcher Plan zuletzt bei euch so gar nicht aufging. Weitere Lose gibt's hier: Instagram Facebook Die Verlosung startet mit Freischaltung der Posts und endet am Montag, 25. September 2023, 23:59 Uhr. Teilnahmebedingungen: Du bist mindestens 18 Jahre alt und wohnst in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Das Los entscheidet über die Gewinner*innen. Im Falle des Gewinns wirst du hier bzw. auf Facebook oder Instagram benachrichtigt. Rechtsweg und Barauszahlung sind ausgeschlossen. Der Versand erfolgt durch den Carlsen Verlag. Die Verlosung hat nichts mit Instagram oder Facebook zu tun. Viel Glück! Eure Eliane Noch mehr Kinderbücher zum Weltkindertag! Bei untenstehenden Blogs oder Social Media-Accounts könnt ihr heute ebenfalls euer Glück versuchen und ein tolles Buch zum Vorlesen gewinnen. Schaut vorbei! Alu – https://www.grossekoepfe.de/ Anne – https://www.xmalanderssein.de/ Brigitte – https://www.wallinger.at/ Janet – https://www.kinderbuchlesen.de/ Jenny – https://www.kinderchaos-familienblog.de/ Jenny – https://www.instagram.com/minibandme/ Katja – https://kuestenkidsunterwegs.blogspot.com/ Lukas – https://www.instagram.com/buecherwuermchen_universum/ Marsha – https://mutterundsoehnchen.com/ Miri – https://geschichtenwolke.de/ Steffi – https://www.biber-butzemann.de/blog Susanne – https://familienbuecherei.blogspot.com/ Tobias – https://www.instagram.com/papa.hirsch.liest/ * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. 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  • Birobidschan - ein literarisches Experiment

    Lust auf ein jüdisch-sozialistisches Experiment, sibirische Wälder, vielleicht auch ein paar Bären und etwas magischen Realismus? Dann kann ich euch "Birobidschan", den Debütroman von Tomer Dotan-Dreyfus empfehlen. "Birobidschan" von Tomer Dotan-Dreyfus ist der zweite Roman von der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2023, den ich gelesen habe. Hier könnt ihr nachlesen, was ich zu Teresa Präauers "Kochen im falschen Jahrhundert" zu sagen hatte. "Dieser Text ist ein Experiment, der Versuch einer Umkehrung: Kann die Zeit auch von links nach rechts, von Westen nach Osten kriechen? Kann sie von aussen nach innen fliessen?" (S. 10) Birobidschan gab es wirklich, als stalinistisches Experiment einer jüdisch-sozialistischen Autonomie am Rande Sibiriens, direkt an der chinesischen Grenze. Während das reale Experiment in den 1930ern scheiterte, erzählt Debütautor Tomer Dotan-Dreyfus die Geschichte des jüdisch-sozialistischen Schtetls inmitten sibirischer Wälder weiter. Wir treffen auf eine kleine, eingeschworene Gemeinschaft, die fernab des Weltgeschehens ihrer Wege geht. Es wird gefischt, aufgewachsen, gemalt, sich zum Kartenspielen - auch heimlich um Geld - getroffen, über den Marktplatz flaniert, ab und zu demonstriert, mit der Tsukunft nach Moskau gereist und gedichtet. Mal treffen neue Menschen, vor allem Kinder, auf der Flucht vor dem Zweiten Weltkrieg, ein oder jemand verlässt das sozialistische Städtchen, um sich in der kapitalistischen Welt zu versuchen. "An diesem 20. September war der erste Schnee gefallen, und das Kaminski'sche Schweigen klang in Saschas Ohren lauter als gewöhnlich. Nicht nur sein Mund schwieg, sein ganzer Körper beteiligte sich am Schweigen, insbesondere seine Augen." (S. 20) So idyllisch es klingt, das Leben in Birobidschan schreitet nicht ohne Verwerfungen voran. Gregory hat eine Depression, Rachel überlegt, ob es das mit ihrer Kindergartenliebe Alex jetzt gewesen sein soll. Boris, der älteste Fischer im Ort, stirbt. Und Sulamith musste schon zwei Ehemänner gehen lassen. Ihrer besten Freundin Josephin ergeht es am Ende auch nicht besser. In diesem Schtetl bleibt praktisch nichts im Verborgenen, nichts geht verloren, schon gar keine 500 Rubel-Scheine oder Gewehre. Gleichzeitig trägt sich Merkwürdiges zu, zwei fremde Männer tauchen auf, ein schweigendes Mädchen beunruhigt die Bewohner*innen, Bären und Wölfe werden zur Bedrohung und zwei Tote sind zu beklagen. Literarisches Experiment geglückt? Wie Stalin einst mit dem realen Birobidschan so wagt auch Tomer Dotan-Dreyfus mit seinem Roman ein Experiment. Der (unzuverlässige) Erzähler dieses Romans wirft Zutaten in den Geschichten-Erzähltopf, hebt das Zeitkontinuum auf und schaut was passiert. Explosives, ja! Dem bin ich gut 150 Seiten gerne gefolgt und auch wenn ich das wirklich zahlreiche Personal noch überschauen konnte, habe ich doch keinen emotionalen Zugang zu den Personen gefunden. Viel zu oft durch die allzu kurzen Episoden wieder herausgerissen aus der jeweiligen Gefühlswelt. Auch schien mir die Erzählanlage nicht konsequent durchgezogen. Wenn die Zeit schon nicht linear fliesst, hätte ich mir noch mehr Mut gewünscht, von diesem Fakt auch die Handlung beeinflussen zu lassen. Das geschah mir zu wenig oder zu wenig offensichtlich. Ein wenig versöhnt hat mich das wirklich erschütternde Ende (oder Fastende), das ich natürlich nicht spoilern möchte. Allerdings wurde das dann auch wieder etwas lapidar in zwei Sätzen abgehandelt, anstatt dass es die gesamte Geschichte zum Implodieren gebracht hätte, wie damals, 1908, als ein Knall den Wald von Tunguska erschütterte. So wiegen für mich die von Alex im Zitat beklagten erzählerischen Lücken und der magische Realismus auf Sparflamme zu schwer, um "Birobidschan" als wirklich runden Roman zu bezeichnen. "Wäre er (Alex, a.d.R.) in einem Buch oder einem Film, so fühlte er, gäbe es zu viele Handlungslücken. Seine Unruhe würde nicht verdampfen, bis es gelang, diese Lücken zu füllen. Warum war Boris ermordet worden, wer waren diese Jäger, was genau wollten chinesische Bären diesseits der Grenze und warum schwankte in letzter Zeit Rachels Stimmung so oft?" (S. 89) Wirklich rund möchte der Roman wohl auch nicht sein. Von daher findet er bestimmt seine Leser*innenschaft. So einige vom Autor hervorgerufene Bilder, noch nie gelesene Metaphern und philosophische Anklänge habe ich an dem Roman sehr genossen. Auch die direkte, unvermittelte Art der Birobidschaner*innen war mir äusserst sympathisch. Den gewitzten Erzähler im Hintergrund hätte ich gerne öfter in der Handlung getroffen. Von daher kann ich euch einen Besuch im jüdisch-sozialistischen Schtetl trotzdem empfehlen. Schliesslich, ohne dass ich das jetzt dem Roman selbst anlasten würde, hätte ich mir ein sorgfältigeres Lektorat bzw. vor allem Korrektorat gewünscht. Auf der Shortlist sehe ich den Roman eher nicht, würde es ihm aufgrund der erzählerischen Versuchsanlage aber von Herzen gönnen. Fazit "Birobidschan" von Tomer Dotan-Dreyfus eröffnet uns einen fiktiven jüdisch-sozialistischen Kosmos am Rande Sibiriens. Mit einer Prise magischem Realismus und dem Versuch, das Zeitkontinuum aufzuheben, wirbeln die Leben der Birobidschaner*innen auch fernab des übrigen Weltenlaufs durcheinander. Ein spannendes Experiment mit einigen literarischen Perlen. Auch wenn er mich nicht ganz überzeugt hat, empfehle ich jeder*Jedem, diesen Debütroman für sich selbst zu entdecken. Die Fakten Birobidschan Tomer Dotan-Dreyfus Voland & Quist 324 Seiten Erschienen am 20.02.2023 Hardcover ISBN: 978-3-86391-347-2 Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Tomer Dotan-Dreyfus auf Instagram PS: Herzlichen Dank an den Deutschen Buchpreis und Voland & Quist für das digitale Leseexemplar. Die Seitenzahlen der obigen Zitate beziehen sich auf die E-Book-Version meines E-Readers und können daher von denjenigen in der Printausgabe abweichen. * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch oder Hörbuch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

  • Kochen im falschen Jahrhundert

    Ein Abend mit Gästen. Was kann da schon schiefgehen? In Teresa Präauers Roman "Kochen im falschen Jahrhundert" so einiges. Ob die österreichische Autorin das richtige Rezept gefunden hat, um den diesjährigen Deutschen Buchpreis zu gewinnen? Lest selbst! Ich bin dieses Jahr Buchpreisbloggerin und darf den Deutschen Buchpreis begleiten. Mehr dazu erfahrt ihr auf Instagram und im Podcast von Mädels, die lesen. Ausserdem habe ich auf Instagram ein Interview mit Bookstagram-Kollege und Buchhändler Florian Valerius aka @literarischernerd gemacht, der dieses Jahr Teil der Jury des Deutschen Buchpreises ist. Mein Patenbuch von der 20 Titel starken Longlist ist "Kochen im falschen Jahrhundert" von Teresa Präauer aus dem unabhängigen Wallstein Verlag. Ich freue mich, euch den Roman hier vorstellen zu können. Ein Abend mit Gästen in Variationen Teresa Präauer wirft uns mitten hinein in einen Abend mit Gästen. Noch sind diese nicht aufgetaucht. Wir warten mit der namenlosen Gastgeberin und ihrem ebenso namenlosen Partner, dass ein Schweizer und ein Paar, das vor Kurzem Eltern geworden ist, eintreffen. Die Gastgeberin ist bereit, die Cracker stehen auf dem Tisch, die Playlist mit Jazzmusik läuft. Der Schweizer kommt entgegen seinem Ruf 15 Minuten zu spät. Als Gastgeschenk bringen alle eine Flasche Wein mit. Ziemlich einfallslos. Doch vielleicht ist es ja gar nicht so, und das befreundete Paar kommt zu spät? Die Wartenden trinken zwischenzeitlich Crémant und der Schweizer lässt sich über die Studierenden aus, über Schweizer Tageszeitungen und überhaupt: "Es gibt keine Utopien mehr, rief der Schweizer etwas zu laut und zu verzweifelt und schnappte sich den letzten Cracker aus der ersten Schüssel." (S. 17) Oder trägt sich die Sache nochmals ganz anders zu und alle kommen zu spät? Und das Gastgeberpaar betrinkt sich schon mal ordentlich, bevor die Gäste auch nur eingetroffen sind? Könnte ja ganz lustig werden. Oder vielleicht eskaliert es auch dezent und es tauchen nicht nur ungebetene Gäste aus Übersee, sondern sogar die Polizei auf? "Wieso sagten die Menschen in letzter Zeit so oft kein Problem? Wo es doch statt keinem eher viele Probleme gab. Es war schwierig mit den Wörtern in diesen Tagen. Aber das war es ja immer schon gewesen, nicht wahr?" (S. 133) Mit den unterschiedlichen Variationen des Abends verschieben sich auch immer leicht die Rollen der Anwesenden, was getrunken und worüber gesprochen wird, ob Lilien in der Ecke oder Wiesenblumen auf dem Tisch stehen - und natürlich die gesamte Gruppendynamik. Tut der Gastgeberin in der ersten Szene der Fleck auf dem neuen dänischen Esstisch noch weh, nimmt sie ihn in der zweiten gelassen hin. Immerhin stammt er von einem ebenso dänischen Geschirrtuch. Backt sie den Boden der Quiche Lorraine in der einen Szene gewissenhaft blind, schmeisst sie in der nächsten alles gleichzeitig in den Ofen. Schmeckt genauso gut! Hauptsache, die Deko stimmt. Teresa Präauer schildert die Szenen voller Humor, nimmt die Vierzigjährigen der gehobenen Mittelschicht, stets bemüht um Distinktionsgewinn, auf die Schippe und lässt eine diebische Freude an der Manipulation ihrer absichtlich schablonenartigen Figuren durchscheinen. Das macht Spass und gleichzeitig sieht man sich immer wieder herausgefordert, sich selbst zu diesen Zeitgenoss*innen und ihren Themen zu positionieren. Fühlt sich an der einen Stelle ertappt und distanziert sich an der anderen von den aufgeblasenen, weil doch recht oberflächlichen, Mitgliedern der urbanen, gebildeten Mittelschicht - oder als Schweizerin wahlweise von der Funktionskleidung. ;-) Geschickt bindet sie auch die Rolle sozialer Medien ein. Hier ein Bohème-Filter, dort eine gesponserte Flasche Wein, da ein Tag und schwupp, schon sitzt Joe aus Amerika mit am Tisch: "Es kam ihr so vor, als hätte der Amerikaner sie wirklich gesehen, als hätte er in ihr Artischockenherz geblickt, als hätte er all die Zweifel, die sie hegte, und die Ansprüche, die sie an sich und die anderen stellte, darin ablesen können." (S. 149) Ebenfalls gut gefallen haben mir im Grundsatz die Zwischenstücke dieses Kammerspiels, in denen die Gastgeberin auf die Entwicklung der Ess- und Tischkultur blickt. Wie sich Funktion und Ansehen einer Schürze über die Generationen verändern - gar nicht zu reden vom Lilienporzellan! Oder wie wir ins "Gastgeben" hineinwachsen, uns mehr und mehr fürs Essen, Weine, das Kochen und das ganze Drumherum interessieren, immer höhere Ansprüche an uns selbst und womöglich auch die Gäste stellen. Allerdings kriegt der Text trotz seiner relativen Kürze dadurch und durch die verschiedenen Variationen eine gewisse Länge. Weiter auf die Shortlist? Ich habe "Kochen im falschen Jahrhundert" sehr gerne gelesen, habe mich amüsiert, die zahlreichen Referenzen auf gesellschaftliche Diskussionen, Moden und Verwerfungen aus diesem und anderen Jahrhunderten genossen, bin den typisierten Figuren gerne gefolgt, mochte die Sprache und liess mich von Teresa Präauer auch gerne aufs Glatteis der sozialen Distinktion führen. Für die Shortlist, fürchte ich, mangelt es dem Roman etwas an thematischer Wucht. Gönnen würde ich es Teresa Präauer aber allemal! Übrigens: Teresa Präauer ist mit ihrem neuen Roman auch für den Bayerischen Buchpreis und den Österreichischen Buchpreis nominiert. Schaut mal vorbei, es hat weitere Bekannte auf der Liste! Und wer nun mehr von Teresa Präauer lesen möchte, findet hier alle bei Wallstein erschienenen Bücher von ihr. Fazit Die österreichische Autorin Teresa Präauer präsentiert uns in "Kochen im falschen Jahrhundert" einen Abend mit Freund*innen in mehreren herrlich zeitgeistigen Variationen voller Komplikationen: von schmerzenden Brustwarzen der Neo-Mutter, über olfaktorisch unzumutbare Lilien, bis hin zu explodierendem Crémant, ungebetenen Gästen und aus dem Ruder laufenden Gefühlen. Diese Fusion aus literarischem Kammerspiel und Milieustudie hat mich wunderbar unterhalten! Ich bin also in jedem Fall sehr gespannt, ob wir den Roman auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis wiedersehen! Die Fakten Kochen im falschen Jahrhundert Teresa Präauer Wallstein Verlag 198 Seiten Erschienen am 22.02.2023 Hardcover ISBN: 978-3-8353-5429-6 Buch kaufen bei genialokal (DE)* Buch kaufen bei Thalia (DE)* Buch kaufen bei Orell Füssli (CH)* Buch kaufen bei Buchhaus (CH)* Buch kaufen bei Thalia (AT)* Teresa Präauer auf Instagram PS: Herzlichen Dank an den Wallstein Verlag für das digitale Rezensionsexemplar. Die Printversion ist selbst gekauft. Man könnte sagen: Ich hab den Braten gerochen. Entschuldigt den schlechten Kalauer, Teresa Präauer macht das definitiv besser! PPS: Herzlichen Dank an den Deutschen Buchpreis, dass ich dieses Jahr zu den Buchpreisblogger*innen gehören darf. Diese Romane hätte ich auch noch auf der Longlist gesehen 22 Bahnen - Caroline Wahl (Dumont 2023) Seemann vom Siebener - Arno Frank (Tropen 2023) * Links mit * sind Affiliate-Links / Werbelinks. Wenn du das Buch oder Hörbuch über diesen Link kaufst, bekomme ich vom jeweiligen Shop eine kleine Provision. Am Buchpreis ändert sich für dich nichts. Du hilfst mir aber so, den Blog ein kleines Bisschen zu refinanzieren. Vielen Dank!

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