Für mehr Vielfalt in Kinderbüchern
Seid ihr auch ab und zu auf der Suche nach einem Kinderbuch mit einem Papa in der Hauptrolle, mit einem Kind mit zwei Mamas, mit Jungs in pinken Gummistiefeln oder mit Mädchen, die sich nichts gefallen lassen? Gastautorin Carla vom Kinderbuchblog buuu.ch schon. Im Rahmen der Blogparade #vorlesefieber erklärt sie, weshalb wir unseren Kindern solche diversen Kinderbücher vorlesen sollten!
(Bild: Sophie Navratil)
Meine diversen Kinderbücher bzw. Kinderbücher ohne Geschlechterklischees und mit vielfältigen Protagonisten und Familienformen findet ihr unter dem Tag "Klischeefrei". Aber jetzt übergebe ich das Wort Carla.
Warum wir unseren Kindern diverse Kinderbücher vorlesen sollen
Ich bin Mitbetreiberin eines Kinderbuchblogs, in dem diverse Kinderbücher im Vordergrund stehen. Was sind denn eigentlich diverse Kinderbücher? Ich mag die Doppeldeutigkeit des Begriffs: Zum einen findet man bei uns auch mal ein Buch über Vögel oder Fahrräder – über diverses Zeug halt. Zum anderen liegt unser Schwerpunkt auf Diversität, sowohl was die Protagonist_innen als auch die Autor_innen betrifft. Wir mögen Bücher, die vielfältige und progressive Rollenbilder vermitteln, keine Stereotypen und Klischees reproduzieren und die marginalisierte Charaktere oder Lebensrealitäten nicht ausschließen.
Solche Bücher zu finden, ist gar nicht so einfach, man stößt eher selten zufällig darauf. Mit den meisten Büchern, die ich in der x-beliebigen Buchhandlung kaufen kann, habe ich mehrere Probleme. Es beginnt nicht erst bei der Reproduktion von Stereotypen, sondern schon viel früher: mit der krassen Unterrepräsentation von Frauen und Mädchen (mehr dazu hier). Kinderbücher in denen keine Frauen vorkommen, müssen schon richtig gut sein, dass ich sie noch vorlese.
Es wird besser
Die fehlende Vielfalt beschränkt sich aber nicht auf Geschlecht. Nur wenige Kinder finden in den Kinderbüchern ihre Wirklichkeit wieder. Ich mag Bücher, in denen die Klassengemeinschaft und der Freundeskreis meines Kindes repräsentiert werden. Da gibt es Kinder mit unterschiedlichen Hautfarben und kulturellen Backgrounds, behinderte Kinder, Kinder von alleinerziehenden Müttern, von getrennten und von hetero- und homosexuellen Eltern. Von genau den Kindern möchte ich lesen. Dazu muss ich sagen: Gerade in den letzten Jahren hat sich diesbezüglich viel auf dem Buchmarkt getan. Auch größere Verlage bringen, zwischen krassen Gegenbeispielen, auch immer wieder das eine oder andere Buch heraus, bei dem man merkt, dass den Autor_innen Geschlechtergerechtigkeit, Diversität, Weltoffenheit und das Aufbrechen von Klischees ein Anliegen ist.
Kinder identifizieren sich gerne mit den handelnden Figuren in Büchern. Deswegen ist die Darstellung von vielfältigen Charakteren so wichtig: Alle Leser_innen können davon nur profitieren. Sie sollen verschiedene Rollenbilder kennenlernen und sich in diese hineinfühlen dürfen. Das wirkt sich in weiterer Folge positiv auf ihr Selbstverständnis und -bewusstsein aus.
Klischeefreie Abenteuer
Das allerbeste und gerade sehr aktuelle Beispiel aus Schweden findet ihr schon bei MINT & MALVE: Kalle und Elsa.
An diesem Werk stimmt einfach alles! Eine coole, phantasievolle Geschichte ohne Geschlechterstereotype und auch Hautfarbe wird nicht thematisiert, die Kinder sind einfach so, wie sie sind.
Darüber hinaus finde ich die Illustrationen wirklich wunderschön. Ich hoffe dass noch viele solche Bücher erscheinen werden.
Ich mag die Sterne und was magst du?
Für Jüngere finde ich die Pappbilderbücher „Ich bin jetzt…“ und „Ich mag…“ sehr empfehlenswert. Sie kommen mit sehr wenig Text aus und eignen sich (auch aufgrund der verstärkten Seiten) schon für ganz kleine Kinder. Nicht zuletzt wegen der detailreichen Illustrationen, die viel Raum für Interpretation bieten, begeistern sie aber auch ältere. In den Büchern geht es um Kinder und ihre ganz individuellen Eigenschaften, um Gefühle und Vorlieben. Sie sind so aufgemacht, dass sie dazu animieren, Klischees zu dekonstruieren und die eigene Gefühlswelt zu reflektieren.
Zweisprachig Vorlesen
Zwar kein Buch, aber aus vollstem Herzen empfehlen will ich die Bilderbuchzeitschift „Papperlapapp“. Neben zwei illustrierten Geschichten gibt es in jeder Ausgabe einen Comic, ein Wimmelbild, philosophische Gedankenspiele, eine Bastelanleitung und eine sensomotorische Übung. Wer das Heft durchblättert, wird bemerken, dass den Macher_innen nicht nur die Freude am Lesen, am geschriebenen Wort und an der Sprache an sich ein Anliegen ist, sondern auch Diversität, interkulturelles Miteinander und das Aufbrechen von Geschlechterstereotypen im Vordergrund stehen.
Das Beste: Papperlapapp erscheint immer zweisprachig. Jede Ausgabe gibt es auf Deutsch und in einer Zweitsprache. Folgende gibt es zur Auswahl: Albanisch, Arabisch, BKS, Polnisch, Rumänisch, Tschetschenisch, Türkisch und Farsi. Die Zweisprachigkeit soll zur frühen sprachlichen Förderung beitragen. Eltern, die ihren Kindern (gute) Bücher in ihrer Erstsprache vorlesen wollen, tun sich oft ziemlich schwer, hierzulande welche zu finden. Die Schwerpunktthemen sind gut, witzig und kreativ aufbereitet. Ein gelungener Beitrag, um die Freude am Vorlesen zu fördern.
Kinderbücher für alle!
Einen Veranstaltungstipp hab ich noch: Im Juni findet in Berlin das erste vielfältige Kinderbuchfestival im deutschsprachigen Raum statt (mehr dazu unten). Die Macher_innen wollen die Thematik der fehlenden Vielfalt in Kinderbüchern in die Öffentlichkeit holen. Unter anderem werden Expert_innen in eigener Sache zu Wort kommen und erzählen, wie sie frei von Stereotypen dargestellt werden wollen. Die Veranstaltung mit all ihren verschiedenen Elementen ist so konzipiert, dass sie mehrsprachiges, inklusives und fröhliches Erleben von Vielfalt ermöglicht. Ich bin dort, ihr vielleicht auch?
Carla Heher lebt und (reproduktions)arbeitet in Wien 15, ist Primarstufenpädagogin und Feminist Mom. Sie ist Mitbetreiberin von buuu.ch und spürt unter anderem für das Missy Magazine besondere Kinderbücher auf.
(Bild: Sophie Navratil)
Der Gemeinschaftsblog buuu.ch wurde 2012 als feministischer Kinderbuchblog gegründet. Die Autor_innen stellen auf der Plattform progressive Kinder- und Jugendliteratur vor, zu finden gibt es dort Klassiker, Novitäten und Geheimtipps.
KIMBUK, das erste vielfältige Kinderbuch-Festival findet am am Samstag, den 9. Juni 2018 in der Werkstatt der Kulturen in Berlin statt. Es ist eine Initiative verschiedener Berliner Diversity-Aktivist*innen, die sich alle schon länger in sehr unterschiedlicher Weise mit vielfältigen Kinderbüchern befassen.
Im #vorlesefieber mit MINT & MALVE: Anlässlich des ersten Schweizer Vorlesetags vom 23. Mai 2018 findet bei MINT & MALVE die Blogparade #vorlesefieber statt.
Mit Beiträgen rund ums Vorlesen zeige ich vom 11. April bis zum 23. Mai 2018, wie wichtig und schön das Vorlesen ist, wie viel Spass und spannende Stunden Kinderbücher den Kindern und ihren Bezugspersonen bringen.
Du bist selber Blogger oder Autorin für ein Online-Magazin? Dann nimm an der Blogparade teil und zeige, was Vorlesen für dich bedeutet – egal, ob mit Kinderbuchtipps, Tipps zum Vorlesen, Einrichtungstipps für die Vorleseecke, einem DIY oder Rezepten rund ums Buch. Deinen Ideen sind keine Grenzen gesetzt! Die Details und die bisherigen Beiträge zur Blogparade findest du im Auftaktbeitrag.
Vorlesen braucht deine Stimme! Mach am 23. Mai 2018 am ersten Schweizer Vorlesetag mit: Lese in deiner Familie, in einer Schule, einem Kindergarten oder einem anderen Vorleseort eine Geschichte vor und trage dich auf der Website ein. Jeder Eintrag zählt!
Der vom SIKJM initiierte Schweizer Vorlesetag ist ein nationaler Aktionstag, der zeigt, wie wichtig und schön Vorlesen ist. Denn regelmässiges Vorlesen schafft nicht nur Nähe, sondern unterstützt Kinder auch in ihrer Entwicklung. Kinder, denen täglich vorgelesen wird, haben einen grösseren Wortschatz und sie lernen leichter lesen und schreiben.