Der Tag, an dem die Männer Nein sagten
(Werbung/Verlosung) Mit "Der Tag, an dem die Männer Nein sagten" von Clare O'Dea blicken wir zurück ins Jahr 1959, genauer gesagt, zum 1. Februar 1959, dem Tag, an dem die Schweizer Männer das Frauenstimmrecht ablehnten. Erst 1971, vor 50 Jahren also, wurde den Schweizer Frauen dieses politische Recht auf nationaler Ebene zugestanden.
Ich bin es gewohnt, dass ich seit meinem 18. Geburtstag im Schnitt vier Mal pro Jahr die Abstimmungsunterlagen bekomme, mich über die Vorlagen informieren kann, mit Freunden und Familie darüber diskutiere und dann ein "Nein" oder ein "Ja" in die Urne lege oder ins Couvert stecke. Erst ein einziges Mal habe ich nicht abgestimmt, weil ich länger im Ausland war.
Dass diese politische Beteiligung den Frauen in der Schweiz noch gar nicht so lange möglich ist und nicht einfach als selbstverständlich betrachtet werden kann, wird uns bei der Lektüre von Clare O'Deas Roman sehr bewusst.
Die Schweizer Autorin mit irischen Wurzeln nähert sich dem besonderen Tag in vier Portraits von vier Frauen an. Vreni ist Bäuerin und vierfache Mutter und Pflegemutter eines Verdingbuben. Für die wegweisende Abstimmung interessiert sie sich nicht besonders, solange sie nicht mit ihrem Mann Peter in Streit gerät, weil die Sandwiches für seine Kollegen der Abstimmungskommission nicht bereit stehen. Ihr Interesse an Frauenrechten ist zwar im vergangenen Sommer nach dem Besuch einer Ausstellung in Zürich über Frauenarbeit kurz aufgeflammt, aber scheint durch den Alltag und ihre gesundheitlichen Sorgen im Keim erstickt worden zu sein. Als Mädchen hatte sie noch grosse, wenn auch vage Träume, dass aus ihr etwas Besonderes werden könnte. Aber auch damals wurde sie von der Realität überrollt.
"Ihr wurde allmählich klar, dass es eine begrenzte Frist für ein junges Mädchen gab, seinen Weg ohne grossen Fortschritt zu machen, und sie gelangte ans Ende dieser Phase." (S. 30)
Und so bog sie auf den vorgezeichneten Weg ein und wurde Ehefrau und Mutter. An diesem Abstimmungssonntag denkt sie nur an ihre bevorstehende Reise nach Bern, wo sie sich einer Operation unterziehen wird. Davor wird sie sich aber noch mit ihrer Tochter treffen.
Tochter Margrit ist die zweite Protagonistin. Sie ist 23 Jahre alt und lebt in Bern. Dank einer Tante konnte sie dort eine Ausbildung zur Sekretärin machen. Nun befindet sie sich allerdings in einer sehr misslichen Lage, da sie von ihrem Chef sexuell belästigt wurde und er sie erpresst. Sie ist insofern modern, dass sie ein unabhängiges Leben mit eigenem Einkommen und eigener Wohnung führen möchte, vielleicht ohne Ehe, vielleicht auch mit, wenn sie den richtigen Mann findet. Politisch ist sie wie ihre Mutter nicht besonders interessiert, aber sie erkennt die Bedeutung der aktuellen Abstimmung.
Esther ist die Mutter von Verdingbub Ruedi und dreissig Jahre alt. Sie ist stammt aus einer Familie von Fahrenden und hat einen Vormund, seit sie von ihrem Mann verlassen worden ist. Völlig auf sich alleine gestellt lebte sie mit ihrem Sohn im Verborgenen, in prekären Verhältnissen, immer in der begründeten Sorge, dass ihr der Sohn weggenommen würde. Aktuell arbeitet sie als Putzfrau im Spital, in das Vreni für ihre Operation an diesem Sonntag im Februar 1959 eintritt. In diesem Zusammenhang möchte ich kritisieren, dass die Autorin das Z-Wort reproduziert. Ja, es taucht in den Gedanken von Vreni auf, die wohl damals genau so gedacht hätte. Aber ich finde die Verwendung für die Handlung nicht unerlässlich und würde deshalb eine diskriminierungsfreie Sprache höher gewichten.
Die vierte und letzte Hauptfigur ist Beatrice. Sie ist 61 Jahre alt, ist in einer wohlsituierten Familie aufgewachsen, alleinstehend und engagierte Frauenrechtlerin. Sie ist die Chefin von Esther und möchte ihr helfen. Die Auseinandersetzung mit den feministischen Anliegen ist in diesem Kapitel am stärksten und über den Bruder von Beatrice kommt auch noch das Thema der gleichgeschlechtlichen Liebe ins Spiel.
Vier Frauen, ein Tag, eine Vielfalt an Themen
Clare O'Dea hat die vier Frauenportraits sehr geschickt verflochten. Es ist nicht nur der 1. Februar 1959, der sie als Fixpunkt zusammenhält (und auch örtlich zusammenführt). Die Leben der vier Frauen sind auch über den Verdingbub Ruedi eng verbunden. So bringt die Autorin vier Frauen zusammen, die auf den ersten Blick viel unterscheidet: die soziale und die ethnische Herkunft, die finanzielle Lage, die Generation. Entlang der vier Geschichten lernen wir nicht nur vier unterschiedliche soziale Milieus und Lebensentwürfe von Frauen in der Schweiz kennen. Verschiedene weitere sozialpolitische Themen sind angesprochen: fürsorgerische Zwangsmassnahmen - sowohl in Bezug auf den Verdingbuben, als auch seine Mutter, die aufgrund ihrer Mittellosigkeit ins Gefängnis musste -, die Institution der Ehe, die Partnerwahl, gleichgeschlechtliche Liebe, Gewalt an Frauen, Diskriminierung von Frauen, Fahrenden und Migrant*innen, die Frauenbewegung und mehr.
Clare O'Dea erzählt das alles sehr verdichtet, einfach und flüssig. Die klare Sprache empfand ich als sehr passend zur komplexen Verflechtung der Geschichten, die sich den Leser*innen erst nach und nach offenbart. Besonders schön ist auch, dass hier die Übersetzerin Barbara Traber mit auf dem Cover steht. Während die Geschichten von Vreni und Beatrice in der 3. Person erzählt werden (aber doch aus einer Innenperspektive), sprechen Margrit und Esther direkt zu uns. Beides funktioniert gut und wir leiden und freuen uns mit den Protagonistinnen mit.
Fazit
Clare O'Deas Roman "Der Tag, an dem die Männer Nein sagten" ist ein spannendes Abbild ganz unterschiedlicher Frauenleben in der Schweiz rund um den Abstimmungssonntag im Februar 1959. Die Abstimmung über das Frauenstimmrecht wird zum Aufhänger dafür, über die damaligen Bedingungen von Frauen - in der Familie, im Beruf, in der Liebe - nachzudenken und sie im Kontrast zur heutigen Situation zu betrachten. Eine Rückbesinnung in Romanform, die ich sehr empfehlen kann!
Die Fakten
Vier Frauen, ein Tag
Clare O'Dea
Barbara Traber (Übersetzung aus dem Englischen)
Zytglogge Verlag
128 Seiten
Erschienen am 08.03.2021
Gebundene Ausgabe
ISBN: 978-2-9701445-1-9
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Um hier in den Lostopf zu hüpfen, schreibt mir einfach in die Kommentare, ob ihr regelmässig abstimmen geht oder nicht.
Jeder Lostopf wird einzeln ausgelost! Die Verlosung startet mit Freischaltung der Posts und endet am Montag, 13. September 2021, 23:59 Uhr.
Teilnahmebedingungen:
Du bist mindestens 18 Jahre alt und wohnst in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Das Los entscheidet über die Gewinner*innen. Im Falle des Gewinns wirst du hier bzw. auf Facebook oder Instagram benachrichtigt. Rechtsweg und Barauszahlung sind ausgeschlossen. Der Versand erfolgt über die Autorin. Zu diesem Zweck gebe ich die Adresse der Gewinner*innen weiter.
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