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Über das Vatersein

Barbara Weber-Ruppli erzählt im Buch "#Vatersein" die ganz persönlichen Geschichten von elf Vätern und ihren Entwürfen des väterlichen Alltags. Das Sachbuch aus dem Arisverlag ruft nach einer Rezension eines Vaters. Jérôme Lacourrège ist Papablogger und zweifacher Vater. In diesem Gastbeitrag verrät er, was er von "#Vatersein" hält.

Cover #Vatersein, Barbara Weber-Ruppli, Arisverlag, 2017

Da ich selber Anfang November zum zweiten Mal Vater geworden bin, interessiert mich das Thema natürlich sehr. Wie haben andere Männer das Vatersein gemeistert? Gibt es Parallelen? Kann ich allenfalls sogar ganz konkret etwas lernen?

Bild links: Corinne Chollet, Bild rechts: Marlene Zuppiger Vice

Spannende Experteninterviews

Das Buch beginnt mit Interviews mit dem Philosophen Yves Bossart, dem Männeraktivisten Markus Theunert und der Väterforscherin Diana Baumgarten. Die Experten versuchen die wichtigsten Fragen rund ums Vatersein einzuordnen und zu beantworten.

Yves Bossart, genau wie ich Jahrgang 1983 und selber Jungvater, spricht dabei auch die Generation Y an, bei der es nicht mehr nur um Geld und Karriere geht, sondern wo auch die Work Life Balance wichtig ist. Genau diese Generation – meine Generation – kommt meiner Meinung nach bei den Väterportraits etwas zu kurz..

Auch wenn mit Aaron ein 31-jähriger „Jungvater“ portraitiert wird, fehlt mir die verstärkte Sicht auf die Probleme der Generation der „Pionierväter“ – wie sie in den Interviews genannt werden. Aaron kann jedes Jahr mehrere Monate am Stück mit seiner Familie verbringen. Das ist doch sehr aussergewöhnlich. Die meisten Väter heute haben diese Chance nicht. Gerade weil die Autorin dem Titel des Buches einen Hashtag voransetzt hätte ich mir mehr zur Generation Y gewünscht. So wirkt der Hashtag etwas aufgesetzt.

Elf Väter, elf Geschichten, viel Unverständnis

Die Portraits der Väter könnten verschiedener nicht sein und doch zieht sich durch alle eine Gemeinsamkeit: die Beziehung zu ihren eigenen Vätern. Dieser ist oft entweder Vorbild oder aber abwesend. Dies sind für mich jeweils die stärksten Stellen der Portraits, regen sie doch zum intensiven Nachdenken über die Beziehung zum eigenen Vater an.

Was will ich anders machen? Was war gut? Was hätte ich ihn gerne noch gefragt zum Thema Vatersein? In meinen Fall sind es nur hypothetische Fragen, ist mein Vater doch früh verstorben und habe ich ihn nur selten gesehen.

Beim Lesen der Lebensgeschichten musste ich das Buch einige Male zur Seite legen, weil ich mich so sehr über die Väter ärgerte. Peter, dem Ferien für sich alleine wichtiger sind als das Vatersein, Matthias, dessen überkomplexes Familienmodell an unerfüllten gegenseitigen Erwartungen scheitert, Balthasar, dessen Prioritäten im Leben Beruf, Sport und Militär sind (in dieser Reihenfolge), Hans, der politische Hardliner der in erster Linie Nationalrat und Offizier ist (und erst dann Vater), Walter, der zwar fünf Kinder hat, aber null Interesse an diesen zeigt und sich erst mit 70 wieder an seine Familie annähert...

Mitleid fühlte ich hingegen bei Roland und Detlef, die ihre Kinder (zum grössten Teil schuldlos) an ihre dominanten Ehefrauen verlieren und das Beste aus ihrer Situation machen müssen und wollen. Am sympathischsten sind mir die Väter, die ihre Rolle entspannt und pragmatisch sehen und nicht dogmatisch Ziele für sich und ihre Familie verfolgen, sondern das Leben mit all seinen Facetten auf sich zukommen lassen. Diese gibt es zum Glück auch.

Mein Fazit

Die Interviews und Portraits sind spannend und regen zum Nachdenken an. Ohne es zu wollen, (be)wertet man die Väter und ihre Rollen. Ist sich sicher, vieles niemals so zu machen, wie sie es getan haben. Ich stehe noch ganz zu Beginn des Abenteuers #Vatersein – wer weiss, was noch alles passieren wird, in welche Verhaltensmuster ich rutschen werde. Ich frage mich, wie das Portrait "#12 Jérôme" jetzt aussehen würde. Wie in 10 Jahren? In 25 Jahren?

"#Vatersein" ist die erweiterte, überarbeitete Zweitauflage des 2012 erschienen Buches "PapiPapa". Ich würde mir ein "#Vatersein 2.0" wünschen, welches (auch in den Väterportraits) noch mehr auf die heutige Zeit eingeht. Denn gerade jetzt, wo die Ansprüche an Jungväter ins Unendliche steigen und das Thema Vaterschaftsurlaub kontrovers diskutiert wird (vgl. Blogbeitrag auf mama rocks), ist ein Buch über die männliche Familiensicht wichtiger denn je!

Die Fakten

Barbara Weber-Ruppli

Arisverlag

235 Seiten

Erschienen am 21.11.2017

ISBN: 978-3-9524654-4

Mehr zum Buch inklusive eines umfangreichen zwölften Vaterportraits

Herzlichen Dank an den Arisverlag für das Besprechungsexemplar.

Jérôme Laccourrège, Bild: Corinne Chollet

Jérôme lebt mit seiner Familie in Zürich. Er bloggt zusammen mit seiner Frau auf dem Mamablog mama rocks, dem Hochzeitsblog Mademoiselle No More und seit 2016 auch für den Coop Hello Family Club.

Bild: Corinne Chollet

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