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- Starkes aus Pappe
Bilderbücher für die Kleinsten sind so eine Sache: Die Auswahl ist zwar riesig, aber der Einheitsbrei gross. In meinem Gastbeitrag auf dem Happy Mum Blog stelle ich euch ein paar besondere Pappbilderbücher für die Kleinsten vor. Mit dem Vorlesen kann man bekanntlich nicht zu früh beginnen (Blogbeitrag zum Thema "Buchstart"). Am besten ist es, Bilderbücher gehören von Geburt an dazu oder zumindest, sobald die Kleinen bis zum Bild im Buch scharf sehen können. Spätestens wenn sie selbst danach greifen können, sind Bücher in der Regel vor keinem Baby sicher - zumindest war das bei uns so. Und das ist gut so! Für Nadine vom Happy Mum Blog habe ich fünf Bilderbücher für Kinder ab 1 Jahr herausgesucht, die aus der Masse herausstechen. Ein kleiner Vorgeschmack Und weiter geht es bei Happy Mum Blog. Schaut euch Nadines Blog auch unbedingt sonst mal an, da findet ihr alles rund ums Mama sein, Mama werden, Lifstyle, Mode und Kinder. Die Schwäne haben es mir ja besonders angetan! ;-) #schwänesinddieneuenflamingos
- Von Hexern, Narren und Winterkönigen
Mit "Tyll" entführt uns Daniel Kehlmann mitten in die Wirren des Dreissigjährigen Krieges und erzählt die Geschichte von Till Eulenspiegel oder eben "Tyll Ulenspiegel" neu. Ein opulentes, düsteres Werk! Daniel Kehlmann nimmt sich in seinem neusten Roman einmal mehr historischem Stoff an. Mit Tyll finden wir uns mitten im Dreissigjährigen Krieg (1618-1648), in einem Durcheinander der Fürsten, Kurfürsten und Könige, zwischen Schlachten und Religionskämpfen, im Sumpf von Aberglaube, Alchemie und Hexenprozessen. Von Letzterem ist auch Tylls Vater Claus betroffen. Er wird vom Jesuiten Tesimond und dem Weltweisen Athanasius Kircher der Hexerei und des Pakts mit dem Teufel bezichtigt. Schnell wird ihm der Prozess gemacht, eine ausweglose Farce, das ist schnell klar. Für Tyll wird es im kleinen Dorf zu gefährlich, als Tagelöhner möchte er sich nicht durchschlagen und so flieht er mit der Bäckerstochter Nele. Die beiden schliessen sich dem fahrenden Volk an. Tyll ist begnadeter Seiltänzer und Jongleur, Nele tanzt und schauspielert meisterhaft. Schnell eilt Tyll sein guter Ruf als Gaukler voraus. Irgendwie gelangen Tyll und Nele an den Hof von Friedrich von Böhmen, dem Winterkönig, und seiner Gemahlin Elisabeth Stuart. Ebendieser Friedrich hatte den Dreissigjährigen Krieg ausgelöst, indem er die Krone Böhmens angenommen und sich so gegen den Kaiser gestellt hatte. Wie allen Leuten, hält Tyll auch dem Königspaar unverfroren den Spiegel vor. Seine Witze, Anspielungen und Fragen sind voller schmerzhafter Ehrlichkeit. Eine Ehrlichkeit, die sich in der damaligen Zeit nur Gaukler leisten konnten, alle anderen wären dafür kurzerhand gehängt worden. Auch Tyll kann sich dem Krieg nicht dauerhaft entziehen, im zweitletzten Teil des Romans sitzt er als Mineur im Schützengraben, verschüttet, ohne Aussicht aufs Überleben. Aber Tyll hat beschlossen, nicht zu sterben. Wenn das einer schaffen kann, dann der Ulenspiegel. Für mich eine der stärksten Szenen des Buchs. Erdrückend die Erde, die auf den Mineuren lastet, förmlich spürbar der Sauerstoffmangel, der sie verrückt werden, sie halluzinieren lässt. Kehlmann verstrickt in seinem opulenten Roman geschickt das Schicksal von Tyll mit demjenigen zahlreicher Persönlichkeiten - neben dem Königspaar, mit dem Schriftsteller Martin von Wolkenstein, mit dem Arzt Paul Fleming und dem bereits erwähnten Weltweisen Athanasius Kircher, dessen Karriere aus einem einzigen Lügengebäude besteht. Ich mochte zwar nicht alle Protagonisten, v.a. Tyll blieb mir bis zum Schluss unsympathisch, aber das tut dem Lesegenuss keinen Abbruch und ist vom Autor wohl grösstenteils so gewollt. Einzige Mankos sind für mich einige Längen, die auf den 480 Seiten entstehen, und eine gewisse Verwirrung ob des unendlichen Aufgebots an Personal. Fazit Daniel Kehlmanns "Tyll" ist zweifellos ein besonderes Werk, sprachgewaltig, spannend im Aufbau, mit geschickt verwobenen historischen Begebenheiten und Persönlichkeiten. Sehr eindrücklich ist auch, wie es Kehlmann gelingt, uns Einblick ins Seelenleben so unterschiedlicher Protagonisten - vom Müllerssohn, über die Winterkönigin, bis zum fanatischen Gelehrten - zu geben und von düsteren, traurigen, brutalen Ereignissen doch leichtfüssig und ironisch zu erzählen - ganz so wie Tyll auf dem hohen Seil zu tanzen wusste. Die Fakten Tyll Daniel Kehlmann Rowohlt 480 Seiten Erschienen am 09.10.2017 ISBN: 978-3-498-03567-9 Leseprobe und mehr bei Rowohlt Rowohlt auf Instagram Rowohlt auf Facebook Rowohlt auf Twitter Rowohlt auf Pinterest Website von Daniel Kehlmann
- Ei, Ei, Ei
Ja, um nichts Anderes als "Das Ei" geht es im gleichnamigen Buch der deutschen Illustratorin Britta Teckentrup. Kann das denn so spannend sein? Ja, es kann. Aus dem Ei gepellt Britta Teckentrup widmet sich dem Ei als Wunder der Natur, mit seiner perfekten Form, seiner zerbrechlichen und doch starken Schale. Sie zeigt, wie unterschiedlich Vogeleier in Farbe, Form und Grösse sein können. Kennt ihr Elefantenvögel? Es gibt sie auch nicht mehr, aber diese Riesenvögel Madagaskars legten die grössten Vogeleier, die es auf der Erde je gab - 10 Kilogramm schwer und mit einem Umfang von mehr als einem Meter. Britta Teckentrup blickt ins Ei und zeigt uns die Entstehung eines Kükens und führt uns ein in die Caliologie, das Studium von Vogelnestern: Hängenester, Haufennester, Nisthöhlen, Lehmnester und mehr. Auch ein kleiner Exkurs zum gemeinen Kuckuck darf nicht fehlen. Der Eier sind viele Und natürlich hört es bei den Vogeleiern nicht auf: Insekteneier, Reptilieneier, Fischeier und Eier von Säugetieren wie dem Schnabeltier erhalten ebenfalls ihren Auftritt. Sie haben oft ganz andere Eigenschaften als Vogeleier - sind rund, ihre Schale bzw. Hülle ist weich, gallertartig, crèmefarben bis durchsichtig und werden von ihren Eltern meist nicht ausgebrütet. Kunst, Religion, Mythologie und Traditionen So perfekt das Ei ist, so wenig erstaunt es, dass es in Kunst, Religion und Mythologie seit jeher eine grosse Rolle spielt - als Quelle des Lebens, als Sinnbild für die Auferstehung von Jesus Christus, als Zeichen der Jungfräulichkeit. Als Quell des Lebens bietet sich das Ei auch wunderbar an für Frühlingsrituale. Natürlich denken wir da sofort an Ostern, aber solche Eierbräuche gab es schon lange vor Christus. Und weil das Ei für Glück, Wohlstand und Gesundheit steht, taucht es auch in vielen Geschichten auf - von den Märchen der Gebrüder Grimm bis zu Harry Potter. Die Illustrationen kommen daher, wie man es sich von Britta Teckentrup gewohnt ist: meist gedeckte Farben, verschiedene Ebenen, ganz unterschiedlich strukturierte Flächen, die sich wunderbar zu Collagen zusammenfügen. Fazit Britta Teckentrup liefert uns mit "Das Ei" ein wunderschön illustriertes Sachbilderbuch über das Wunderwerk Ei. Die Texte zu den sanften Illustrationen sind schön formuliert, dicht und angenehm kurz gehalten. Hier treffen Kunst, Kultur und Natur aufeinander. Und wären die meisten Eier nicht oval, würde ich sagen: Das ist eine runde Sache! PS: Bei Janetts Meinung findet ihr ein ganz spannendes Interview mit Britta Teckentrup aus dem letzten Jahr. PPS: Das Buch habe ich bei einem Gewinnspiel des sehr, sehr fantastischen Kinderbuchladens "Buchstäbchen Stuttgart" gewonnen. Dort könnt ihr dieses und viele weitere Kinderbücher auch online bestellen. Die Fakten Das Ei Britta Teckentrup Kathrin Köller (Übersetzung) Prestel Verlag 96 Seiten Erschienen am 27.03.2017 ISBN: 978-3-7913-7286-0 Ab 6 Jahren Blick ins Buch bei Randomhouse Prestel auf Facebook Prestel (UK) auf Instagram Website von Britta Teckentrup Britta Teckentrup auf Instagram Britta Teckentrup auf Pinterest
- Drei ist einer zuviel
Was für ein Debüt von Mareike Fallwickl! Ihr Roman "Dunkelgrün fast schwarz" trifft uns als Leser mit genauso unberechenbarer Wucht wie die Protagonisten Moritz, Raffael und Johanna. Mareike Fallwickl ist freie Lektorin und Texterin aus Österreich, deren Leben "von vorn bis hinten und von oben bis unten aus Buchstaben" besteht, wie sie selber sagt. Jetzt bloggt sie nicht mehr nur über Bücher (Bücherwurmloch) oder redigiert diese (Mareike Fallwickl | Konzeption, Text, Redaktion), sondern legt mit "Dunkelgrün fast schwarz" in der Frankfurter Verlagsanstalt ihren ersten eigenen Roman vor. Gefangen im Beziehungsdreieck Über die Handlung möchte ich nicht zu viel verraten. Nur so viel: Moritz zieht in den 80er-Jahren mit seiner Mutter Marie und der kleinen Schwester Sophia ins kleine Dorf Dürrnberg in den Hügeln nahe der österreichischen Kleinstadt Hallein. Vater Alexander studiert noch Medizin in Wien, bevor er auch zur Familie stösst. Schon bald trifft Moritz auf den gleichaltrigen Raffael. Vom ersten Tag an sind sie beste Freunde und bleiben es ihre gesamte Schulzeit. Ihre Beziehung ist über weite Strecken sehr einseitig: Raffael ist der Anführer, selbstbewusst, egoistisch, fordert sein ganzes Umfeld und auch Moritz immer wieder heraus, provoziert und geniesst seine Macht. Moritz spielt den stillen, schüchternen, hilfsbereiten Part, sucht Halt, ordnet sich unter, lässt sich mitreissen, schaut zu Raffael auf, obwohl er sich auch immer wieder schlecht behandelt fühlt von ihm. Als die beiden Teenager sind, wird aus dem unzertrennlichen Duo ein Trio: Johanna lebt seit dem tödlichen Unfall ihrer Eltern bei ihrer Tante und besucht fortan mit den beiden Jungs das Gymnasium. Sie nehmen sie in ihre Mitte auf und damit kippt das fragile Gleichgewicht der Freundschaft. Wie ein Pendel schwingt Johanna zwischen den beiden ungleichen Polen Raffael und Moritz hin und her. Mit dem Ende des Gymnasiums und einem tragischen Schicksalsschlag trennen sich die Wege der drei (glaubt zumindest Moritz - der Leser weiss es bald besser). Erst 2017 treffen sie wieder aufeinander - mit voller Wucht! Von Freundschaften, Beziehungen, Kindern, der Jugend in allen Schattierungen "Das Grün ist dunkler geworden, viel dunkler, tief und massiv, fast schwarz. Es füllt den Raum, bis an die Decke strahlt es. Einst war Raffael knospengrün, raupengrün, wie Zuckererbsen in ihrer frisch geöffneten Schote, an manchen Tagen limonenhell." (S. 39) Bald erfahren wir, was es mit dem Titel des Buches auf sich hat: Moritz ist Synästhetiker, er sieht Farben und vieles riecht und schmeckt für Moritz auch speziell. Mit Farbe drückt er sich bis zum erwähnten Schicksalsschlag auch aus, er zeichnet und malt leidenschaftlich, in seiner Jugend oft Johanna. Das Malen ist seine Sprache, die er mit Worten oft nicht findet. Mit der Verknüpfung verschiedener Sinne, der erweiterten Wahrnehmung von Moritz vermittelt uns Mareike Fallwickl Gefühle ganz neu, sehr intensiv, unmittelbar, "sinnvoll". Das Buch ist unheimlich dicht geschrieben, jede Seite wartet mit Sätzen auf, in die man sich am liebsten reinlegen würde. Aus jedem Kapitel springen uns zehn geniale Ideen entgegen. Immer wieder übermannen uns ihre Sprachbilder. Es scheint, als hätte Mareike Fallwickl all ihre Lebens- und Leseerfahrung (sie liest locker 100 Bücher pro Jahr) in ihr Gehirn gepackt, im Herz einmal durchgesiebt, frisch eingefärbt und mit ihren Händen in neue Sätze gegossen. Auch wenn die Themen nicht neu sind, hat man nie das Gefühl, schon mal etwas Ähnliches gelesen zu haben. Im Gegenteil. Ich habe mich in so vielem wiedergefunden: Die Kindheit und Jugend auf dem Land, das Aufwachsen in den 90er-Jahren und das Abschliessen der Matura kurz nach der Jahrtausendwende. Das Gefühl der Jugend, dass einem alle Möglichkeiten offen stehen. Das Gefühl in der Schwangerschaft, das Gefühl, plötzlich für ein Kind verantwortlich zu sein und es vor Bedrohungen aller Art beschützen zu wollen. Auch Johannas Leben als Bloggerin kann ich im Ansatz nachfühlen - zum Glück abgesehen von ihrem unsteten Leben, ihrer tiefen Verzweiflung und der doch etwas sehr speziellen Ausrichtung ihres Blogs. Die Autorin hat das Buch spannend aufgebaut: Wir wechseln immer wieder die Perspektive zwischen Moritz, Marie und Johanna. Während die Passagen von Moritz und Johanna in der dritten Person geschrieben sind, erzählt Marie in der Ich-Form. Alle drei Perspektiven sind überzeugend. Wir fühlen, fiebern, leiden und hoffen mit den Figuren, dass es uns so richtig mitnimmt - im positiven Sinne. Zudem fliegen wir zwischen den verschiedenen Zeitfenstern in den 80er-Jahren, um die Jahrtausendwende und in der Gegenwart (2017) hin und her und wissen so immer etwas mehr als die Protagonisten und trotzdem nur so viel, dass wir immer noch mehr erfahren möchten. Fazit Mit ihrem literarischen Debüt "Dunkelgrün fast schwarz" dringt Mareike Fallwickl tief ein in die Gefühlswelt ganz unterschiedlicher Protagonisten: der kleine, einsame Junge, die tieftraurige, von Sehnsucht getriebene Jugendliche und junge Frau, die sich sorgende Mutter, Ehefrau, Freundin und Grossmutter. Sie alle reiben sich auf ihrer Suche nach Zugehörigkeit, nach Liebe und Freundschaft an dominanten, teils manipulativen Freunden, Liebhabern und oft abwesenden Ehemännern und Vätern. Mit ihrer unglaublich dichten, direkten, einmal weichen, einmal harten Sprache, zieht sie uns hinein in das verworrene, oszillierende Netz der Beziehungen und lässt uns nicht mehr raus. Ein Buch, das nachwirkt. Unbedingte Leseempfehlung! Herzlichen Dank an die Frankfurter Verlagsanstalt für das Rezensionsexemplar. Die Fakten Dunkelgrün fast schwarz Mareike Fallwickl Frankfurter Verlagsanstalt 480 Seiten Erschienen am 05.03.2018 ISBN: 978-3-627-00248-0 Leseprobe und mehr bei der Frankfurter Verlagsanstalt Mareike Fallwickl bei Instagram Mareike Fallwickl auf Facebook Frankfurter Verlagsanstalt auf Instagram Frankfurter Verlagsanstalt auf Facebook
- Dem Käse auf der Spur
Die Schweiz ist ja berühmt für ihren Käse. Da sollte auch jedes Kind wissen, woher der Käse eigentlich kommt. Im Gastbeitrag über "Die Geiss, die alles weiss" von Mira Gysi habe ich mich für den Mama- und Foodblog Miss Broccoli mit der neugierigen Geiss Ina auf die Suche gemacht. Milchschnee? So ein Käse! Ina lebt auf einem kleinen Bauernhof in den Bergen. Sie wird täglich gemolken. Aber was geschieht nach dem Melken mit ihrer Milch? Ob die Kuh recht hat, wenn sie meint, aus Geissenmilch werde Schnee gemacht? Ina begibt sich im Sachbilderbuch von Mira Gysi auf Entdeckungsreise und erfährt so viel Interessantes über die Produktion von Käse, Wurst und Gemüse. Ein kleiner Einblick Weiter geht es bei Miss Broccoli, dem Mama- und Foodblog von Moana, den ich euch sehr empfehlen kann, ganz besonders mit kleinen Kindern - es gibt so viel Leckeres, Vegetarisches, Kreatives und erst noch Nachhaltiges zu entdecken bei ihr!
- Mehr Lesezeit: So kommst du auch als Mami zum Lesen
Liest du auch alle Bücher, die du vorstellst? Wie kommst du nur dazu, so viel zu lesen? Das sind die beiden häufigsten Fragen, die mir zum Blog gestellt werden. Höchste Zeit, sie mal zu beantworten. Gut, die erste Frage ist schnell abgehandelt und eigentlich auch nicht Gegenstand dieses Beitrags: Klar, lese ich alle Bücher. Wie soll ich sonst darüber schreiben? Also auf zur zweiten: Da müssen wir uns schon etwas mehr Zeit nehmen - die wir doch nicht haben! ;-) Lesezeit wird zur Mangelware Die Frage stellen mir nicht etwa Männer, sondern Frauen und auch nicht Frauen ohne Kinder, sondern Mütter. Und besonders oft sind es Mütter, die neben der Kinderbetreuung noch in Teilzeit arbeiten und einem intensiven Hobby wie dem Bloggen nachgehen (ob das nun ein Hobby, eine Leidenschaft oder schon eher ein Beruf ist, lassen wir mal bei Seite). Da ich zu dieser speziellen Spezies gehöre, verstehe ich total, dass viele Mamis sagen: "Ich komm einfach nicht dazu, auch noch ein Buch zu lesen". Und es geht mir auch oft so, dass ich viel weniger zum Lesen komme, als ich gerne würde. In der Zeit vor dem Blog war das dann einfach so, dann war halt eine Weile Leseflaute - schade, aber hat ja ausser mir auch niemanden gestört. Seit ich den Blog habe, treffe ich aber bei meinen Kolleginnen und Kollegen auf Bookstagram, meinen liebsten Kinderbuch- und Mamabloggerinnen (schaut mal in die Rubrik Seitenblick), in Verlagsvorschauen, in den Feuilletons der Zeitungen, in Fachzeitschriften und wo sonst noch überall Bücher angepriesen werden auf neue, schöne, äusserst lesenswerte, gehypte Bücher oder schon lange fällige Klassiker (am besten in einer neuen, wunderschönen Auflage oder gleich im Schmuckschuber im Dreierpack). Und diesen Büchern kann ich unmöglich widerstehen. Ihr könnt euch vorstellen, wie mein SuB (Stapel ungelesener Bücher) wächst und wächst und damit auch mein Bedürfnis, die Bücher nicht nur so rumliegen zu lassen, sondern auch endlich zu lesen und euch empfehlen zu können - sie an den Mann, die Frau und süsse Kinder zu bringen. Kommt hinzu, dass ich eine gemütliche Leserin bin, querlesen geht gar nicht und dass ich ein Buch abbreche, kommt auch selten vor. Das heisst, ich muss jetzt etwas strategischer an die Sache rangehen, um bei der Dreifachbelastung Mamasein, Job und Blog (und Freunde, Entspannen, mal Shoppen etc. muss ja auch noch drin sein) noch zum Lesen zu kommen. Und weil ich aus der häufigen Frage nach meiner Lesezeit auch heraushöre, dass die Mamis unter euch gerne mehr lesen würden, halte ich meine Tipps hier für euch fest. Lesezeit ist Erholungszeit - meine Tipps Ich bin überzeugt, dass Lesen ein Mittel gegen den Mami-Stress ist und deshalb ideal zur Blogparade #tudiretwasgutes von SimplyLovelyChaos passt. Mit einem Buch können wir das alltägliche Chaos mal vergessen, in fremde Welten eintauchen, uns abkapseln, runterfahren, kurz: Wir holen uns etwas von der berühmt berüchtigten - da so seltenen - #metime. 1. Lesezeit einfordern Mein erster Tipp ist nicht einfach umzusetzen, aber bringt wohl am meisten. Euer Partner macht bestimmt unter der Woche mal Sport, mal trifft er Freunde, besucht vielleicht noch eine Weiterbildung. Mamis fordern oft zu wenig Freizeit ein, verbringen diese lieber einfach zuhause oder erledigen doch noch kurz den ganzen Haushalt, wenn die Kinder endlich im Bett sind. Das sollten wir ändern. Wer nicht zum Sport gehen mag oder gerade nur stillende Freundinnen hat, die sich abends nicht mehr treffen wollen/können, sollte sein Kontingent an freier Zeit fürs Lesen einfordern. 2. Stillzeit nutzen In meiner Stillzeit kam ich so viel zum Lesen wie nie zuvor. Unter Hebammen mag es umstritten sein und vielleicht spricht irgendeine Theorie über bedürfnisgerechtes Stillen dagegen und ich löse jetzt einen Shitstorm aus, aber Lesen beim Stillen klappt super! Und da kommt v.a. zu Beginn einiges an Zeit zusammen. Das können schon mal acht Stunden Lesezeit sein, die sich da an einem Tag ansammeln. Das Lesen "echter" Bücher hat da natürlich zwei Nachteile: Umblättern ist einhändig mühsam und stört manches Kind. Ein Leselicht in der Nacht stört vielleicht auch Baby und Partner und ist nicht in jedem Raum vorhanden. Deshalb habe ich in der Stillzeit den E-Book-Reader schätzen gelernt. Es gibt nichts Praktischeres! 3. Warte-, Ruhe- und Fahrzeiten nutzen Wer nicht (mehr) stillt oder beim zweiten Kind unmöglich im Radau und unter den Eifersuchtsattacken des ersten Kindes auch noch lesen kann, muss sich neue Zeitfenster suchen. Schweizerinnen beginnen ja oft schon nach 14 Wochen wieder zu arbeiten, wenn's hoch kommt, bleiben sie sechs Monate zuhause. Danach haben die meisten wieder einen Arbeitsweg und wenn der mit dem öffentlichen Verkehr zurückgelegt wird, eignet er sich ideal zum Lesen. Ich habe auf all meinen Wegen zur Schule, zur Uni oder zur Arbeit schon gelesen, egal ob im Bus über Land, in der Pariser Metro oder in der vollgestopften S-Bahn. Wer den Umgebungslärm oder die Gespräche der Sitznachbarn nicht ausblenden kann, findet bestimmt geeignete Kopfhörer - mit oder ohne Musik. Vollzeitmamis ohne Arbeitsweg haben vielleicht das Glück, dass ihre Kinder gleichzeitig Mittagsschlaf machen oder zumindest Zimmerstunde oder sonst eine Form von Pause. Dann lasst den Haushalt in dieser Zeit Haushalt sein und lest ein Buch! Mamis mit älteren Kindern müssen vielleicht ihre Kinder zum Sport bringen und da warten oder sie später wieder abholen und haben da Zeit, ein paar Seiten zu lesen. 4. Ablenkungen ausschalten Das klingt ja alles gut: Wir schaufeln uns Zeit frei oder nutzen tote Zeiten. Wozu? Um sie auf Instagram, Facebook oder Pinterest zu vertrödeln. Ja, so geht es mir auch (und nicht nur mir, auch Mareike vom Bücherwurmloch hat ihre Erfahrungen dazu verbloggt und Nina vom Frau Mutter Blog ergeht es nicht viel anders). Viel zu oft tappe ich in die Smartphone-Falle. Ich muss noch kurz einen Post machen, andere Posts kommentieren und teilen, einen schon lange gespeicherten Artikel mit den neusten Social-Media-Tipps lesen, den neusten Ikea-Hack einer Mamabloggerin studieren, auf Whatsapp die Nachrichten beantworten, in die Mails schauen... Uuups, ich bin ja schon da, die Kinder stehen wieder auf der Matte oder es wäre eigentlich höchste Zeit fürs Bett. Da hilft wirklich nur eins: eine Regel! Setzt euch zumindest abends eine Deadline, bis wann ihr online sein dürft. Danach wird das Handy ganz aus dem Raum verbannt oder in den Flugmodus versetzt. Dasselbe gilt für Netflix oder andere Streamingdienste. Okay, das wird jetzt nicht einfach, aber deshalb gibt's ja Tipp 5. 5. Der Appetit kommt beim Essen - äh, Lesen Mit Büchern ist es tatsächlich wie mit dem Essen, hat man erst mal gekostet, will man mehr. Ist man erst mal in der Geschichte drin, will man wissen wie's weitergeht: Wird's was mit den beiden? Ist sie wirklich so fies, wie es scheint? Ist tatsächlich der Gärtner der Mörder? Okay, dafür muss das Buch natürlich gut sein, mindestens so gut wie die neuste Netflix-Produktion. Wenn ihr nun nicht selber regelmässig die Buchhandlungen durchstöbern, die Verlagsvorschauen studieren, die Bestsellerlisten konsultieren, den Literaturclub bzw. das literarische Quartett schauen oder eure Freunde und Bekannten fragen mögt, abonniert einfach meinen Newsletter und ihr kriegt einmal monatlich Buchtipps für Gross und Klein. Und wenn der Mord dann gelöst oder die Liebe besiegelt ist: Nicht zu lange pausieren. Ich beginne ein neues Buch meist direkt, nachdem ich das letzte ausgelesen habe. So bleibe ich immer im Lesemodus. Und hier kommt Tipp 6 ins Spiel. 6. Gelegenheit macht Diebe Auch dieses Sprichwort trifft auf das Lesen zu: Erstens hilft es, wenn ihr immer ein Buch zur Hand habt, es mit nehmt, wohin auch immer ihr geht, für den Fall, dass sich eine Möglichkeit zum Lesen auftut - im Zug, auf dem Spielplatz, im Wartezimmer oder wenn mal alle Kinder aus Versehen gleichzeitig schlafen. Zweitens hilft es, wenn ihr genügend Bücher zur Auswahl zuhause habt (so ein SuB hat eben doch seine Vorteile). So könnt ihr nach Abschluss eines Buches, gleich das nächste beginnen. Die Vielfalt ungelesener Bücher im Regal stellt sicher, dass für jede Stimmung was da ist und das Lesefutter nicht so schnell ausgeht. In diesem Sinne: Viel Spass beim nächsten Buch! Vielleicht ist es ja dieses hier? Wie macht ihr das? Habt ihr noch Tipps für mehr Lesezeit? Wie hat sich euer Leseverhalten mit den Kindern verändert und kämpft ihr auch mit all den Ablenkungen der digitalen Welt? Ich freue mich über eure Kommentare und Rückmeldungen dazu, ob meine Tipps euch geholfen haben!
- Auf ins Abenteuer!
Mein liebstes Bilderbuch 2018 ist gefunden! "Kalle und Elsa" von Jenny Westin Verona und Jesús Verona nimmt uns klischeefrei, fantasievoll und wunderschön illustriert mit ins alltägliche Abenteuer. Gut, es ist erst Februar, da können in diesem Jahr noch so einige tolle Bilderbücher erscheinen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass sich "Kalle und Elsa" vom schwedischen Künstlerpaar Jenny Westin Verona und Jesús Verona an der Spitze wird halten können, was Bilderbücher für Kinder ab 3 Jahren angeht. Ab in den Garten! Schon die Handlung überzeugt: Der Kindergarten ist geschlossen, weshalb Kalle und Elsa heute bei Kalle spielen dürfen, während seine Mama in der Küche arbeitet. Klar, wird es im Zimmer irgendwann zu langweilig, Kalle und Elsa zieht es nach draussen. Davon kann sie auch die Warnung der Mama nicht abhalten, dass es bald regnen wird. Mit viel kindlicher Fantasie - und für uns Leserinnen und Vorleser mit viel Illustrationskunst - wird der Garten zum Dschungel. Elsa und Kalle klettern auf den Apfelbaum, begegnen einem Wolf und einem Krokodil, bauen sich eine Hütte und als Elsa plötzlich verschwindet, macht sich Kalle auf, sie im wilden, gefährlichen Dschungel zu suchen. Wer erinnert sich da nicht an die eigenen Abenteuer im Wald, das Familie Spielen (Schweizerdeutsch: Müetterlis), gemütliche Picknicks und die Heimkehr im strömenden Regen? Unaufdringlich klischeefrei und divers Ohne dass es Teil der Handlung wäre, also ganz ohne moralischen Zeigefinger erzählt "Kalle und Elsa" auch eine Geschichte von Geschlechterrollen ohne Klischees und von einer diversen Gesellschaft. Damit passt das Buch wunderbar in meine Reihe "Klischeefreie Kinderbücher" (siehe unten). Kalle greift zu den pinken Gummistiefeln, Elsa trägt grüne. Kalle hat dunklere Haut als Elsa. Kalle übernimmt im Wald die häusliche Rolle und bereitet das Mittagessen zu, während Elsa sich wagemutig durch den Dschungel schlägt. Und Kalles Mutter arbeitet im Homeoffice. Die Kinder überlässt sie ihrem Spiel, ohne sie ständig zu überwachen (Helikoptereltern ade), bis sie die beiden am Abend für feine Spaghetti wieder mit ins Haus nimmt. Modern, wild und blumig illustriert Die wunderschönen Illustrationen von Jesús Verona kann man gar nicht angemessen beschreiben, man muss sie sich einfach anschauen! Schon drinnen gibt es so viel zu entdecken - in der sympathisch chaotischen Wohnung. Draussen gelingt die Verschmelzung des Gartens mit dem Apfelbaum und des tropischen Dschungels voller Palmen, Farne und riesigen Blüten meisterhaft. Auch der matte Einband mit dem Prägedruck und das matte Papier sind optisch und haptisch schön. Fazit Mit "Kalle und Elsa" erzählen Jenny Westin Verona und Jesús Verona eine erfrischend alltägliche Abenteuergeschichte, die hauptsächlich von der Fantasie der beiden Kinder lebt. Dass die Autoren ganz ohne Geschlechter- und Rollenklischees auskommen, macht das Kinderbuch umso empfehlenswerter. Die wunderschönen Illustrationen vermischen Reales und Fantastisches und machen das Buch so komplett. Kein Wunder, denkt man beim Werk des schwedischen Künstlerpaars sofort an Astrid Lindgren. Mein Fazit? Dieses Buch müsst ihr einfach haben! Herzlichen Dank an den Bohem Verlag für das Besprechungsexemplar. Die Fakten Kalle und Elsa Jenny Westin Verona (Text) Jesús Verona (Illustration) Karl-Axel Daude (Übersetzung aus dem Schwedischen) Bohem Verlag 32 Seiten Erschienen am: 15.01.2018 ISBN: 978-3-95939-058-3 Ab 3 Jahren Blick ins Buch bei Bohem Bohem auf Facebook Bohem auf Instagram Reihe: Klischeefreie Kinderbücher Weitere Kinderbücher, die sensibel gegenüber Geschlechterrollen, Familienformen und verschiedenen Kulturen sind, präsentiere ich euch in loser Folge hier auf dem Blog. Bereits erschienene Buchtipps findet ihr unter den ähnlichen Beiträgen. Like it? Pin it! Du magst diesen Buchtipp? Dann freue ich mich sehr, wenn du ihn über Pinterest teilst.
- Die Zukunft bauen
Theresia Enzensberger taucht mit ihrem Debütroman "Blaupause" ab in die wilden 20er-Jahre des letzten Jahrhunderts und in die Männerdomäne der Architektur am Weimarer Bauhaus. Wie ist ihr die Zeitreise gelungen? Die junge Autorin und Journalistin aus München nimmt uns mit der Protagonistin Luise Schilling mit ins Jahr 1921 am Weimarer Bauhaus. Luise beginnt ihr Studium an der berühmten Schule für Kunst und Architektur, gegründet zwei Jahre davor von Walter Gropius. Sie hat fest im Sinn, ihren Traum wahr zu machen und Architektin zu werden, schliesslich hatte sie sich gegen ihre gutbürgerlichen Eltern durchgesetzt, um überhaupt Berlin verlassen und am Bauhaus studieren zu können. Was sie am Bauhaus studiert, ist Luise selbst und dem Leser lange nicht klar. Ist es Kunst, wird sie zum Architekturatelier zugelassen oder versauert sie schliesslich in der Weberei? Luise kämpft in ihrer Zeit am Bauhaus an mehreren Fronten: Sie sucht sich selbst (und ihre Spiritualität), ihre Rolle in der Gesellschaft, die Liebe, ihren Platz in der von Männern dominierten Domäne der Architektur und die Emanzipation von ihren Eltern und ihrem Bruder, von denen sie aber finanziell abhängig ist, ihre Haltung zum schwelenden Antisemitismus und zum aufkeimenden Nationalsozialismus. Theresia Enzensberger gelingt es, das Innenleben von Luise Schilling lebhaft nachzuzeichnen, ihre Zweifel, ihre Widersprüchlichkeit, ihre Euphorie und ihre Rückbesinnung. Als Leserin war mir Luise zu Beginn durchaus sympathisch. Mit der Zeit werden ihre Inkonsequenz, ihr Lavieren von einem Freundeskreis zum anderen, ihr Abdriften in absurde Glaubenssätze der sogenannten Itten-Jünger und deren gesundheitsgefährdende Umsetzung (z.B. Fastenkuren), ihre Akzeptanz patriarchaler, frauenfeindlicher Verhaltensweisen ziemlich nervig. Gut möglich, dass das von der Autorin gewollt ist und sie damit ein realistisches Bild einer Frau in der damaligen Zeit zeichnet. Einer Frau, die Kämpfe austragen, uralte Muster durchbrechen und Konventionen überwinden musste, um ihre Träume zu verwirklichen, wie wir es uns im 21. Jahrhundert gar nicht mehr vorstellen können. Andererseits scheint Luise über weite Strecken des Romans nicht wirklich zu wissen, was sie denn will, lässt sich mitreissen, rumschubsen, ausgrenzen, hintergehen. Das ist als Leser schwer zu ertragen. Nachdem Luise von ihrem Vater zwischenzeitlich nach Berlin zurückbeordert und in eine Haushaltsschule gesteckt wird, kehrt sie nach dessen Tod ans Bauhaus - nun allerdings in Dessau - zurück. Mit dem Neuanfang gewinnt auch der Roman wieder an Schwung und Luise ist endlich überzeugt: "Ich will die Zukunft bauen und die Vergangenheit abreißen" (S. 138). Zweifel und Hürden gibt es in Luises Leben weiterhin, die Vergangenheit holt sie auch ab und an ein, aber sie schafft den Abschluss und die Leserinnen und Leser werden mit einer unerwarteten Wende und einer Pointe belohnt. Fazit "Blaupause" von Theresia Enzensberger hätte eigentlich alles, was einen spannenden Roman für mich ausmacht: Eine (grösstenteils) sympathische Hauptprotagonistin, die sich in einer Zeit des Aufbruchs und politischer Turbulenzen von ihren Eltern emanzipiert, um sich in der Männerdomäne Architektur zu beweisen. Leider zieht sich die Handlung aber recht träge dahin, die Protagonisten bleiben fahl, die Sprache ist trocken, emotionslos, weder frech noch poetisch. Der unerwartete Schluss und eine kleine Pointe im Anhang entschädigen aber für einige Durststrecken. Die Fakten Blaupause Theresia Enzensberger Hanser 256 Seiten Erschienen am 12.07.2017 ISBN: 978-3-446-25643-9 Leseprobe und mehr bei Hanser Hanser auf Instagram Hanser auf Facebook
- Ich sehe was, was siehst du?
Was wir in Brendan Wenzels neuem Bilderbuch sehen, ist eigentlich klar: eine Katze. Aber wie sehen wir sie? Das erzählt uns der amerikanische Autor und Illustrator mit seinen Bildern in "Alle sehen eine Katze". Die Handlung des neuen Bilderbuchs von Brendan Wenzel ist mit dem Titel eigentlich schon erzählt: Alle sehen eine Katze. Alle sind in diesem Fall ein Kind, ein Vogel, ein Fuchs, ein Regenwurm und einige Tiere mehr. Klingt langweilig? Ist es aber nicht! Denn alle sehen die Katze anders: Für das Kind ist sie ein liebes Haustier mit feinem Fell. Der Fuchs sieht eine wohlgenährte Beute. Der Goldfisch im Glas sieht nicht viel mehr als zwei riesige, gelbe Augen. Die Biene sieht lauter Punkte, die ein mosaikartiges Bild der Katze ergeben. Bilder erzählen die Geschichte Auf jeder Doppelseite betrachten wir so die Katze durch die Augen eines anderen Wesens. Manchmal wird die Darstellung der Katze durch biologische Eigenschaften bestimmt, manchmal mehr durch die Beziehung der beiden Tiere zueinander, manchmal schlicht durch den Blickwinkel - aus der Vogelperspektive, von unten oder von ganz nah aus dem Fell der Katze. Einige Bilder sind sanft, andere wild, die einen schön, die anderen furchterregend. So ist man sich das von Brendan Wenzel schon von "Leben" im Duo mit Cynthia Rylant (zur Besprechung) gewöhnt: Ein Feuerwerk der Illustration - variantenreich und detailverliebt. Auch schön sind der Rhythmus und die Ruhe, die Brendan Wenzel in das Buch bringt: Das gelingt ihm mit dem immer wiederkehrenden Motiv der Katze, die "mit ihren Schnurrhaaren, Ohren und Pfoten" durch die Welt geht. Dabei nutzt er wie bei den übrigen Doppelseiten den Platz wunderbar aus, lässt aber viel Freiraum. Während die Geschichte einfach und rasch erzählt ist, machen die Bilder den Drive der Geschichte aus, verleihen ihr Spannung, sorgen für Abwechslung und übernehmen die Rolle des Erzählers. Bereits ausgezeichnet! Die Wochenzeitung "Die Zeit" und Radio Bremen küren jeden Monat das beste Kinder- und Jugendbuch. Über den "Luchs" vom Februar 2018 darf sich Brendan Wenzel freuen. Die Jury-Vorsitzende Katrin Hörnlein meint zu "Alle sehen eine Katze": "Selten sieht man Philosophie und Lesevergnügen so meisterlich vereint." Fazit Brendan Wenzel gelingt mit "Alle sehen eine Katze" alles, was man mit einem Kinderbuch schaffen kann: Er unterhält gut und spannend, bietet varianten- und facettenreiche Illustrationen, gibt Einblick in ganz unterschiedliche Arten des Sehens und lädt erst noch zum Philosophieren über verschiedene Sichtweisen, über Realität und Wahrnehmung ein. Von mir gibt es eine klare Anschauempfehlung! Wer jetzt immer noch nicht die Katze im Sack kaufen möchte, dem seien hier das Video zum Buch und die Besprechung von Esther Willbrandt auf Radio Bremen (Audio) empfohlen: Herzlichen Dank an den NordSüd Verlag für das Rezensionsexemplar. Die Fakten Alle sehen eine Katze Brendan Wenzel Nord Süd 44 Seiten Erschienen am 12.01.2018 Ab 4 Jahren ISBN: 978-3-314-10405-3 Bestellung und mehr beim NordSüd Verlag NordSüd auf Facebook Website von Brendan Wenzel
- Ein Teppich der Gefühle
Arja Lobsigers Romandebüt "Jonas bleibt" erzählt eine sehr schwere Geschichte von Verlust und Trauer. Und doch bleibt man dran und geniesst das Buch. Wie schafft die Autorin das? Als Mutter, Vater, Bruder oder Schwester ist es die Horrorvorstellung: Der Sohn oder Bruder ertrinkt im eiskalten Fluss. In "Jonas bleibt" ist genau das die Ausgangslage, die alles verändert, das Familienleben inexistent werden lässt, die Angehörigen auf sich selbst zurückwirft. Die Schilderung von Finns Unfall aus seiner eigenen Perspektive und der Sicht seiner Schwester Etna ist kaum zu ertragen. Was einen weiterlesen lässt, ist Arja Lobsigers Sprache: Knappe, einfache Sätze, an amerikanische Autoren erinnernd, die poetische Bilder zeichnen. So entsteht an vielen Stellen Poesie, eine Leichtigkeit, die sich kaum in Worte fassen lässt. Mit dem Verlust des Sohnes und Bruders gehen die drei Familienmitglieder unterschiedlich um: Die Mutter Alice wird depressiv, bis sie sich nach Jahren losreist, in den Süden flieht, ohne eine Spur zu hinterlassen. Der Vater Jonas wird zum kauzigen, schweigenden Bewohner des zum Abbruch verdammten Hauses und freundet sich im verwilderten Garten mit einem Fuchs an. Die Schwester Etna macht sich Vorwürfe, dass sie den Tod des Bruders nicht verhindern konnte und distanziert sich von der Familie. Nach und nach erfahren wir mehr aus dem Leben der drei. Vor allem von Jonas: von seinem Konkurrenzkampf mit dem Bruder, von seiner Beziehung zu Hannah, von seiner Emanzipation vom Vater. Das Spezielle: Die Passagen aus Sicht von Jonas sind im Präsens formuliert, diejenigen von Alice im Präteritum. Das hilft zwar beim Wechseln zwischen den beiden Perspektiven, aber verwirrt in Bezug auf die Ansiedlung der Handlung. Findet Alice' Reise gleichzeitig statt wie Jonas im Haus auf dessen Abriss wartet? Oder findet beides zu unterschiedlichen Zeiten statt? Auch recht schwer einzuschätzen ist, wie alt Etna ist. Wie viel Zeit zwischen dem Tod ihres Bruders und ihrem Auszug liegt. Der Roman lässt hier viel ungeklärt. Aber auch über diese Unsicherheiten und Lücken trägt der Text. Fazit Arja Lobsiger webt in ihrem Debüt "Jonas bleibt" einen bildstarken Teppich der Gefühle. Die Geschichte rankt sich wie das Efeu im verwilderten Garten hinter Jonas' Haus um die Protagonisten, um Vergangenheit und Gegenwart, um Trauer, Aussichtslosigkeit, Schuld und etwas Hoffnung. So ist der Roman zwar inhaltlich schwere Kost, aber die Autorin bringt den Text mit ihrer Sprache zum Schweben. PS: Wer sich für die neunjährige Entstehungsphase des Romans interessiert, dem sei das Interview meiner Kollegin Daniela von livricieux mit der Autorin empfohlen. Die Fakten Jonas bleibt Arja Lobsiger orte Verlag 128 Seiten Erschienen am 21.08.2017 ISBN: 978-3-85830-224-3 Buch beim orte Verlag bestellen Website von Arja Lobsiger
- Helden in Strumpfhosen
Hättet ihr früher auch gerne wie Lindgrens Pippi auf dem Hochseil getanzt, wie Kästners Emil die kniffligsten Fälle gelöst und wie Preusslers kleine Hexe auf dem Blocksberg getanzt? Euren Kindern ergeht es da bestimmt nicht anders. Mit den Mini Big Books von HP werden eure Kinder zwar nicht so stark wie Pippi, nicht unbedingt so schlau wie Emil und erhalten auch nicht über Nacht Zauberkräfte, aber sie werden zu Heldinnen und Helden kleiner Geschichten. Wir haben die "Do-it-yourself-Geschichten" von HP ausprobiert. So werden eure Kleinen zu grossen Helden Auf der Website der Mini Big Books könnt ihr eine von 10 Geschichten auswählen: Die Palette reicht von kleinen Inuits, die die Polarkappen retten, über Kinder, die Geburtstag feiern oder ins All reisen, bis zu neugierigen Enkelinnen und Enkeln, die den Dachboden der Grosseltern erforschen. Dann gilt es, die Hauptrollen der Geschichte mit dem familieneigenen Personal ausstatten: Das heisst, ihr personalisierst die gewählte Geschichte mit Name und Foto des Kindes und je nach Besetzung des Papas, der Mama, des kleinen Bruders, der grossen Schwester oder von Freunden. Das Gute daran: Weil jeweils nur das Gesicht zu sehen ist, darf das Kind im Originalbild ruhig in Strumpfhosen durch die Gegend gerannt oder das Baby gerade in Windeln durchs Zimmer gekrabbelt sein. Im Endprodukt ist das nicht mehr zu sehen. Danach bekommt ihr die fertige Geschichte als PDF und könnt sie ganz einfach mit einem geeigneten Farbdrucker ausdrucken. Zum Schluss nur die A4-Seiten gemäss Anleitung falten, einschneiden und zusammenzustecken, schon ist das Büchlein mit euren Helden in Strumpfhosen komplett. Und mal ehrlich: Was schauen eure Kinder lieber an als Bilder von sich selbst? Na also, wenn sie dann noch wahre Heldengeschichten erleben, ist der Spass garantiert! Wenn ihr wie ich beim Einkaufen immer genau das vergesst, was ihr am dringendsten gebraucht hättet - die Tintenpatronen für den Drucker! - könnt ihr von "Instant Ink" profitieren: Mit der Flatrate für Druckerpatronen erhaltet ihr den Nachschub immer genau dann automatisch nach Hause geliefert, wenn die alten Patronen sich dem Ende zuneigen. Mini Big Books - so einfach geht's Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit HP Schweiz.
- Per Anhalter in die Antarktis
Ich liebe Abenteurerbücher! Deshalb muss ich euch das Sachbilderbuch "Wie Opa Floh den Südpol entdeckte" von Stephanie Marian vorstellen. Und das Beste: Im Interview mit der Autorin erfahrt ihr auch noch einiges über die Entstehung dieses witzigen, spannenden und wunderschön illustrierten Kinderbuchs. Cook, Peary, Scott, Amundsen – das sind die grossen Namen, wenn es um die Eroberung der Pole geht. Über den spannenden Wettlauf zwischen Frederick A. Cook und Robert Peary habe ich vor einigen Jahren Johannes Zeilingers "Auf brüchigem Eis" gelesen. Da konnte ich an "Wie Opa Floh den Südpol entdeckte" von Stephanie Marian natürlich nicht vorbeigehen, als ich es im Oktober an der Frankfurter Buchmesse entdeckte. Im Hundefell an den Südpol Im Sachbilderbuch für Kinder ab 5 Jahren geht es, wie der Titel verrät, nicht um den Nord-, sondern um den Südpol. 1911 brachen Roald Amundsen und seine Mannschaft und gaaaanz viele Polarhunde mit ihrem Expeditionsschiff "Fram" auf, den südlichsten Punkt unserer Erde zu erobern. Autorin und Illustratorin Stephanie Marian erzählt uns die Geschichte dieser Eroberung nicht einfach aus der Perspektive der Abenteurer oder irgendeines Historikers, sondern aus derjenigen eines Flohs. Dieser Floh begleitete die gesamte Expedition im Fell eines Polarhundes und berichtet nun seinem Enkelkind von der abenteuerlichen, gefährlichen und ziemlich kalten Reise in die Antarktis. Spannung und Witz gepaart mit Wissen und Illustrationskunst Opah Floh erklärt, was die Forscher so alles in die Fram luden – eine Hose aus grönländischem Seehundfell durfte natürlich nicht fehlen. Er schildert die Fahrt durch die eisigen Meere mit dem "Holzpolarforschungseisbrechersuperschiff" und die hindernisreiche und ganz gut ausgeklügelte Reise zu Fuss und mit Schlitten an den Südpol. Wir erfahren nebenbei, dass es einen Riesenantarktisdorsch gibt, wie die Abenteurer ihre Vorratsdepots auch in einem Sturm wiederfinden konnten, dass der höchste Berg der Antarktis 4892 Meter hoch ist und vieles mehr. Das Sachbilderbuch glänzt nicht nur durch die witzige Perspektive von Opa Floh und das spannende Abenteuer der norwegischen Forscher, sondern auch durch die wunderschönen Illustrationen. Weiss (der Schnee, klar!), Mint und andere Grüntöne dominieren in Marians Bildern. Die Darstellung ist oft von kindlichem Zeichnungsstil geprägt, etwa wenn wir auch im Profil beide Augen von Menschen, Hunden oder Fischen sehen oder die Häuser ziemlich windschief daherkommen. Neben den kurzen Abschnitten an Fliesstext finden wir auch viele Informationen und Teile der Handlung in Sprechblasen und zusätzlichen Beschriftungen. So ergänzt die Autorin geschickt die wahre Geschichte um interessante Details. Fazit Stephanie Marian ist mit "Wie Opa Floh den Südpol entdeckte" ein witziges, kluges, spannendes und wunderschön illustriertes Sachbilderbuch über die Eroberung des Südpols gelungen. Für kleine Weltentdecker, grosse Abenteurer und künftige Forschungsreisende ein absolutes Muss, das Lust darauf macht, mehr von der Welt der grossen Polarforscher und Entdecker zu erfahren. Einziger Kritikpunkt: Ein Hinweis auf den Wettlauf zum Südpol mit Robert Falcon Scott und generell das Zeitalter der Entdeckungen fehlt. Aber wer weiss, vielleicht bietet dieser spannende Konkurrenzkampf – nicht frei von Hinterlist, Blut und Tod – ja Stoff für ein weiteres Sachbilderbuch, dann wohl für etwas ältere Kinder (Interessierte finden hier einen zusammenfassenden Artikel). Die Autorin im Interview MINT & MALVE: Liebe Frau Marian, herzlichen Dank, dass Sie mir in diesem Interview einige Fragen beantworten. Ich bin sicher nicht die Erste, die das fragt, aber wie kamen Sie auf die Idee mit Opa Floh? Und kann ein Floh am Südpol überhaupt überleben? Stephanie Marian: Liebe Eliane, vielen Dank für die wunderbare Rezension. Ich habe das Gefühl, Sie erreicht zu haben. Das ist der schönste Lohn für eine Illustratorin und Autorin. Was Opa Floh betrifft. Nun, das hat sich entwickelt. Zunächst hatte ich Lust, nachdem ich im letzten Jahr mehrere Bücher für 2- bis 6-Jährige veröffentlicht habe, mich etwas stärker auf das Vorschul- bzw. frühe Schulalter zu konzentrieren. Grundsätzlich stand dabei eine spannende Wissensvermittlung von Inhalten im Vordergrund, zu denen typischerweise eher ältere Kinder Zugang haben. Etwa wenn sie Reportagen sehen oder Bücher mit mehr Text lesen. Ich bin überzeugt, auch als Mutter, dass auch Vorschulkinder mit den "für später vorgesehenen" Inhalten umgehen können, Spaß daran haben und damit kreativ werden können (Stichwort: Entdecker spielen etc.). Da begann ich zu recherchieren und stellte fest, dass es häufig klassische Kinderbücher oder Schul-/Sachbücher gibt, und beschloss diese Elemente zu verbinden. Nachdem ich mich umhörte, was so Themen waren und sind, mit denen sich mehrere befragte Generationen in diesem Alter oder etwas später beschäftigten, kristallisierten sich die großen Menschheitsabenteuer als gemeinsamer Nenner heraus. Von diesen fand ich, ähnlich wie Sie, die Entdeckung des Südpols besonders faszinierend. Es sind widrige Bedingungen, denen es zu trotzen gilt. Was läge da näher, als eines der zerbrechlichsten und kurzlebigsten Wesen, das überdies keinen sonderlich guten Ruf genießt, zum Helden zu machen. Die Fantasie von Kindern kennt keine Grenzen und die Generation von morgen sollte, gerade in Zeiten wie diesen, daran gewöhnt werden, über den Tellerrand zu sehen. Na klar, kann ein Floh mit entsprechender Ausrüstung im Eis überleben und vielleicht hat er ja auch noch viel mehr in seinem langen Leben erlebt, von dem er noch nichts erzählt hat? Wie haben Sie sich dem historischen Hintergrund des Buches genähert? Haben Sie Bücher oder Berichte über die Polarexpeditionen gelesen oder mit Experten gesprochen? Die Recherchen waren umfangreich und immer mit dem Fokus verbunden, die für kleine und große Abenteurer relevanten oder überraschenden Inhalte zu filtern. Dabei habe ich das gesamte Spektrum der Bibliotheken und des Internets gescannt und Inhalte aus Dokumentarfilmen, Büchern, Biografien, Kommentaren und Abhandlungen aufgenommen, ein Gesamtbild erstellt und die Geschichte in meinem Stil erzählt. Weshalb haben Sie entschieden, den Wettkampf zwischen Amundsen und Scott im Buch nicht anzusprechen? In meinem Buch geht es darum, dass es gelingen kann, Unmögliches möglich zu machen. Wettkämpfe und Vergleiche stehen, aus meiner Sicht, früh genug im Epizentrum der Kinderentwicklung. Das bekommen sie bestimmt irgendwie mit. :-) Wie müssen wir uns die Entstehung des Buches vorstellen? Hatten Sie zuerst den Text oder die Bilder im Kopf, machen Sie viele Skizzen und mit welchen Techniken arbeiten Sie? An meinem Arbeitsplatz sieht es in der Skizzen- und Ausprobierphase immer aus, als hätten drei Waschbären fangen gespielt und hätten dabei sämtliches Zeichenequipment durch die Gegend gepfeffert. Das weiß dann aber niemand. :-) Ich verwendete Collage, Buntstift, Gouache und bearbeitete die Zeichnungen digital im mixed media-Stil. Meine Entwürfe präsentierte ich Anja Fislage. Sie war zu diesem Zeitpunkt Lektorin beim Compact Verlag und hat mich inhaltlich und persönlich fortan unterstützt. So durfte Opa Floh mit seinem ersten Abenteuer die Welt erblicken. Dürfen wir uns 2018 vielleicht schon über ein weiteres Sachbilderbuch von Ihnen freuen? Ja. Ich liebe meine Arbeit und habe bereits eine neue Herausforderung angenommen. Ich will und darf nicht zu viel verraten, aber dieses Mal arbeite ich mit einer anderen wunderbaren Autorin zusammen. Der Text wird umfangreicher und die Zielgruppe eine Spur älter. Das Thema wird überraschen und die Bilder habe ich schon in meinem Kopf. Sie dürfen gespannt sein. :-) Das bin ich! Herzlichen Dank für das Interview und den spannenden Einblick in Ihre Arbeit, Frau Marian. Und danke auch an compact kids für das Rezensionsexemplar. Die Fakten Wie Opa Floh den Südpol entdeckte Stephanie Marian compact kids 32 Seiten Erschienen am 01.08.2017 ISBN: 978-3-8174-1753-7 Ab 5 Jahren Blick ins Buch und Bestellung bei compact kids Website von Stephanie Marian Stephanie Marian auf Facebook

















