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Zusammenkunft - ein wütendes Debüt!

(Werbung/Verlosung) Natasha Brown nimmt uns in ihrem Debütroman "Zusammenkunft" mit in die Londoner Finanzwelt. Hier scheint ein Aufstieg möglich, doch der Schein trügt. Ein Highlight des Bücherfrühjahrs!


Zusammenkunft - Natasha Brown (Suhrkamp Verlag 2022)

Sie hat einen Traum, nach oben kommen in der britischen Gesellschaft, dazugehören. Nicht mehr als Frau, als Schwarze, als Mensch einer tieferen Klasse definiert werden, sondern als Individuum angenommen sein. Damit kämpft die Ich-Erzählerin von Natasha Browns Debütroman "Zusammenkunft" den Kampf ihrer Vorfahr*innen weiter. Ein Kampf gegen Rassismus, gegen Sexismus, gegen Klassismus.


Und sie tut es scheinbar erfolgreich: Sie schloss in Oxbridge (Universitäten von Oxford und Cambridge) ab, arbeitet in der Londoner Hochfinanz, steht vor einer Beförderung und hat einen weissen Freund aus der höheren britischen Gesellschaft. Doch sie bezahlt einen hohen Preis dafür und stellt selber fest:


"Die Finanzindustrie war der einzig gangbare Weg nach oben. Ich tauschte mein Leben ein für ein Stückchen Mittelklassekomfort." (S. 30)

Und auf diesem Weg hat sie es erst noch mit sexistischen Vorgesetzten zu tun, mit Kolleg*innen, die ihr unterstellen sich hochzuschlafen, mit Schwiegereltern in spe, die sie als (schlechte) Phase ihres Sohnes betrachten. Und so kann sie sich nie ausruhen, muss sich völlig verausgaben, lebt in dauernder Angst, denn der kleinste Fehler könnte sich rächen:


"Jeder Tag ist eine Möglichkeit, es zu versauen. Jede Entscheidung, jedes Meeting, jeder Report. Es gibt keinen Erfolg, nur das vorläufige Abwenden des Versagens." (S. 37)

Ein Spiegel unserer Gesellschaft

Natasha Brown erzählt fragmentarisch, mit Schlaglichtern, dialogischen Episoden, kurzen Szenen. Der Roman hat zwei Erzählstränge, die fliessend ineinandergreifen: Im einen begleiten wir die Ich-Erzählerin an eine Geburtstagsfeier ihrer künftigen Schwiegermutter. Im anderen erfahren wir mehr zur unmittelbaren Vorgeschichte sowie zu ihrer Vergangenheit.


"Hier geboren, Eltern hier geboren, immer hier gelebt - trotzdem, nie von hier. Ihre Kultur wird auf meinem Körper zur Parodie." (S. 61)

In den Gedanken der Ich-Erzählerin werden uns die strukturellen Diskriminierungen pointiert vor Augen geführt. Es geht um die unzureichende Dekolonialisierung Grossbritanniens, um anhaltenden Alltagsrassismus, um eine verkrustete Mehrklassengesellschaft, um eine patriarchale Gesellschaft, die im Kapitalismus ihren Höhepunkt findet.


"Ich bin, was wir immer für das Empire waren: purer Scheissprofit. Eine natürliche Rohstoffquelle zum Ausbeuten und Ausbeuten, Niedermachen und Ausbeuten." (S. 58)

Ein einschneidendes Ereignis, das ich nicht spoilern darf, bringt die Erzählerin zu einem folgenschweren Entscheid oder zumindest an den Rand davon. Ein Entscheid, der auf absurde weise ein Akt der Selbstermächtigung ist. Das Ende bleibt offen und ist zwar für die Leser*innen hart, aber in seiner Konsequenz das einzig richtige Ende für diesen grossartigen Roman.


Fazit

Der Debütroman "Zusammenkunft" von Natasha Brown ist sprachlich und inhaltlich ein Highlight dieses Frühjahrs. Mit ihrer harten, schnellen, direkten Sprache schiesst die Ich-Erzählerin spitze, giftige Pfeile ins Herz einer patriarchalen, rassistischen und klassistischen Gesellschaft. Und das braucht es leider. Auch heute noch. Und nicht nur in Grossbritannien. Deshalb empfehle ich euch: Hört auf, die Buchsbäume zu schneiden und lest stattdessen dieses Buch!


Die Fakten

Natasha Brown

Jackie Thomae (Übersetzung aus dem Englischen)

Suhrkamp Verlag

113 Seiten

Erschienen am 14.02.2022

Hardcover

ISBN: 978-3-518-43046-0





PS: Herzlichen Dank an den Suhrkamp Verlag für das Rezensions- und das Verlosungsexemplar.



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