Manchmal male ich ein Haus für uns - Europas vergessene Kinder
Alea Horst hat Kinder im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos befragt. Entstanden ist mit "Manchmal male ich ein Haus für uns" ein emotionales Buch mit den Antworten der Kinder, ergänzt um die Vignetten von Mehrdad Zaeri.
Auf der griechischen Insel Lesbos leben rund 7'000 Flüchtlinge - teils jahrelang. Etwa 3'000 sind Kinder. Die meisten leben auf sehr engem Raum in ungeheizten Zelten, einige in Containern. Hilfsorganisationen berichten von unerträglichen hygienischen Zuständen. Flüchtlingshelferin und Fotografin Alea Horst hat vergangenes Jahr 20 von ihnen befragt. Die Kinder erzählen von ihrer Flucht, vom Leben im Zeltlager oder im Containerlager im Dorf Kara Tepe, vom Brand im Herbst 2020 im alten Lager Moria, von ihren Wünschen für ihr aktuelles Leben und ihren Träumen für die Zukunft.
Einfach ein Zuhause haben
Neben den grossformatigen Bildern finden wir Zitate der Kinder und auch immer wieder kleine Abschnitte mit Hintergrundinformationen. Zu den Interview-Ausschnitten hat Mehrdad Zaeri kleine Vignetten gemalt. Wer genau hinschaut, findet in jeder Vignette mindestens ein Haus. Das titelgebende Zitat stammt von Tajala (10 Jahre) aus Afghanistan und steht exemplarisch für ganz viele Kinder, die sich vor allem eins wünschen: ein Zuhause. Einen sicheren, sauberen, warmen Ort, an dem man sich wohlfühlen kann, nicht verjagt wird, willkommen ist, in dem man vielleicht sogar ein eigenes Zimmer hat, Ruhe, einen Rückzugsort, Schränke für Kleider und Spielsachen. Alles Dinge, an denen es unseren Kindern nicht mangelt.
Die Berichte der Kinder sind sehr eindrücklich, offen und nahbar. Sie zeigen, dass die Kinder in den Flüchtlingscamps ganz normale (entschuldigt das Wort) Kinder sind, die gerne zur Schule gehen würden, gerne ein richtiges Haus und ein Zimmer hätten, ein paar Dinge, die ihnen gehören. Kinder, die aber unter den Zuständen im Flüchtlingslager leiden, die nicht zur Schule gehen können, Hunger und Kälte erdulden müssen, von Kriegstraumata verfolgt werden, Angst um ihr Zelt und ihre wenigen Habseligkeiten haben und warten, warten, warten... Bis sie endlich einen positiven Asylbescheid erhalten. Und leider kommt auch der nicht immer. Manche werden wieder zurückgeschickt in die Türkei oder abgeschoben in ihr Herkunftsland. Länder wie Afghanistan, Syrien, Somalia, Iran...
Die vollständigen Abschriften der Interviews sind auf der Website des Verlags verfügbar.
Fazit
Das Kinderbuch "Manchmal male ich ein Haus für uns" von Alea Horst bietet Kindern ab etwa 8 Jahren viele Gesprächsanlässe über Krieg, Flucht und Migration. Über die Porträts und die Erfahrungsberichte kommen uns die Kinder ganz nah und führen uns vor Augen, dass es in Europa Kinder gibt, für die die grundlegendsten Kinderrechte in weiter Ferne liegen. Aber sie hoffen weiter auf ein menschenwürdiges Leben, ein Zuhause und Bildung.
Die Fakten
Alea Horst (Text + Fotos)
Mehrdad Zaeri (Illustration)
Klett Kinderbuch
80 Seiten
Erschienen am 16.02.2022
Hardcover
ISBN: 978-3-95470-263-3
Ab 8 Jahren
PS: Herzlichen Dank an Klett Kinderbuch für das Rezensionsexemplar.
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