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Die Farbe Lila

(Werbung) Mit "Die Farbe Lila" von Alice Walker habe ich mir wieder einmal einen Klassiker vorgenommen. Passend zum Black History Month von einer US-amerikanischen Schwarzen Autorin aus den Südstaaten.


Die Farbe Lila - Alice Walker (ecco Verlag 2021)

"Die Farbe Lila" von Alice Walker erschien auf Englisch (The Color Purple) erstmals 1982 und gewann 1983 den Pulitzer Prize for Fiction und den National Book Award. Anfang Jahr lief die neue Verfilmung des Romans (bzw. eigentlich des Musicals) in Deutschland und der Schweiz an. Ein guter Grund also, zu dem Buch zu greifen. Bevor ihr das Buch kauft, solltet ihr allerdings mein PS beachten.


Vorab eine Contentwarnung: Es geht im Folgenden um sexualisierte Gewalt und Rassismus.


Eine Geschichte über Schwesternschaft, Queerness und Emanzipation

Alice Walker erzählt in "Die Farbe Lila" die Geschichte von Celie, die anfangs 1900 in Georgia, also den amerikanischen Südstaaten, lebt. Celie erzählt in Briefen an Gott von ihrem Leben, das von Gewalt und Diskriminierung in mehrfacher Hinsicht geprägt ist. Celie ist Schwarz und wächst in sehr ärmlichen Verhältnissen auf. Die offensichtlichste Gewalt erfährt sie durch ihren Vater Alphonso, der sie wiederholt vergewaltigt. Die Folge sind zwei Kinder, die der Vater aber weggibt.


Später heiratet Celie einen "Mister" (Albert), um ihre Schwester Nettie vor der Verheiratung mit ihm zu schützen. Auch hier erfährt sie Gewalt (v.a. durch ihren Mann), wird zum Sex gezwungen und von den Stiefkindern, die sie aufzieht, verachtet. Celie ergibt sich mehr oder weniger klaglos ihrem Schicksal, hört aber nicht auf zu träumen, denn eigentlich war sie gut in der Schule, hätte gerne weiter gelernt. Das Schlimmste ist für Celie aber, dass Mister ihr ihre geliebte Schwester Nettie vorenthält. Ja, sie lebt sogar im Glauben, diese sei tot. Und wie es um ihre Kinder Olivia und Adam steht, weiss sie ebenso wenig.


Celies Leben verändert sich erst, als die erfolgreiche Sängerin Shug Avery in ihr Leben tritt. Shug war mal mit Mister zusammen, hat mehrere Kinder mit ihm. Und obwohl sie auch jetzt wieder mit Mister anbandelt, kommen sich auch die beiden Frauen näher. Durch die Gespräche und die Verbindung zu Shug beginnt Celie mehr und mehr, für ihren Wert einzustehen, sich zu wehren, Gewalt und Unterdrückung nicht mehr hinzunehmen und sich etwas eigenes aufzubauen. Neben dem Entdecken wahrer Liebe ohne Gewalt und ihrer Sexualität, beginnt sie auch, ihre Rolle als Frau neu zu denken und es wird offensichtlich, dass sie mit ihrem Kampf gegen das Patriarchat nicht alleine ist. Die Beziehung zu Shug und weitere Freundschaften verleihen ihr Kraft.


[Spoilerwarnung: Weiterlesen beim nächsten Zwischentitel]

Sklavenhandel und Rassismus

Neben der körperlichen, physischen und finanziellen Unterdrückung im Patriarchat geht es in "Die Farbe Purple" auch um Rassismus - in den Südstaaten herrscht noch Segregation, es ist die Zeit der Jim-Crow-Gesetze. Sofia, quasi Celies Schwiegertochter, wird vom weissen Bürgermeister nicht nur ins Gefängnis gebracht, sondern später auch noch seine Haushälterin und Kinderfrau, um nicht zu sagen "Haussklavin".

Zudem thematisiert Alice Walker die bis in die Gegenwart reichenden Folgen des Handels mit Sklav*innen in den USA sowie in Afrika. Nettie ist nämlich nicht tot, sondern mit einem Schwarzen Missionarsehepaar - Samuel und Corrine - und deren Adoptivkinder in Liberia. Erstmals im Leben ist Nettie eine Schwarze unter Schwarzen. Und doch gehört sie auch hier nicht richtig dazu. Als Amerikaner*innen und Missionar*innen verkörpern sie trotz ihrer eigenen afrikanischen Herkunft den Kolonialismus des Westens. Von ihren Erfahrungen mit den Olinka berichtet sie Celie in Briefen, die ihre Adressatin allerdings lange nicht erreichen, weil Mister sie abfängt.


"Mir war gar nicht klar, wie unwissend ich war, Celie. Das Bisschen, das ich über mich selbst wusste, hätte noch nicht mal einen Fingerhut gefüllt."

Starke Frauen und spirituelles Erwachen

Neben Shug Avery und mit der Zeit auch Celie gibt es weitere "starke" Frauen in Alice Walkers Roman. Und ihre Schwesternschaft sowie ihre damit einhergehende Emanzipation sind es, die dem Buch eine so grosse Wärme geben, empowern und uns aus weiblicher Perspektive mitfühlen lassen.


Noch nicht angesprochen habe ich bisher die dritte Form der Unterdrückung, die Celie erleidet, die religiöse. Sie ist weniger offensichtlich, weil sie durchdrungen ist vom Patriarchat und vom Rassismus, indem Gott wie selbstverständlich als weisser, alter Mann gedacht wird, weiblicher Ungehorsam und noch mehr weibliche Sexualität schambehaftet, ja Sünde, sind. Auch diesbezüglich macht Celie begleitet von Shug eine riesige Entwicklung durch. So schreibt Celie zum Ende hin ihre Briefe nicht mehr an "Lieber Gott", sondern an "Liebes Gott, liebes Alles", ein Zeichen dafür, dass sie nun ihre eigene Definition von Gott hat, die vielmehr in der Spiritualität als in einer fremdbestimmten Art des Christentums liegt.


Ich habe "Die Farbe Lila" in der Neuübersetzung von Cornelia Holfelder-von der Tann als Hörbuch, grandios gelesen von Sithembile Menck, gehört. Unten findet ihr einen Aktionslink, um sofort kostenlos loszuhören. Da Alice Walker auf English im Slang der Südstaaten schreibt, lohnt es sich bei ausreichenden Englischkenntnissen sicher, sich das Original "The Color Purple" vorzunehmen. Ich empfand die Übersetzung als insgesamt sehr gelungen. Allerdings kann man diesen Slang einfach nicht vollständig und vollkommen authentisch transportieren. Holfelder-von der Tann nutzt zum Beispiel oft verschluckte Silben wie in "Ich könnt'...", "Ich hätt'..." oder lässt die Protagonist*innen Pronomen falsch anwenden wie "ihm seine Mutter". Das hat dann zwar etwas sehr Umgangssprachliches, aber nach meinem Empfinden lässt es die Sprecher*innen als weniger intelligent erscheinen, wo es eigentlich mehr darum ginge, ebenen einen bestimmten Slang und vielleicht noch eine gewisse Bildungsferne zu vermitteln. Aber das ist natürlich erstens sehr schwierig und zweitens ein sehr schmaler Grat und mag dann auch der Fehlinterpretation oder den Vorurteilen der Zuhörer*innen geschuldet sein.


Fazit

"Die Farbe Lila" von Alice Walker ist ein feministischer, antirassistischer Klassiker, der grossartig erzählt ist und sehr schwere Themen mit einer grossen Portion Hoffnung auf Veränderung präsentiert. Ein Buch über Schwesternschaft, Queerness und weibliche Emanzipation, der wohl für immer zu meinen Favoriten zählen wird.


PS: In jüngeren Jahren hat die Autorin leider auch einige kontroverse Aussagen gemacht (antisemitische Verschwörungsmythen und transphobe Ansichten). Wenn ihr euch damit befassen möchtet, kann ich euch das Video von "Supposedly Fun" empfehlen.



Die Fakten


Alice Walker

Cornelia Holfelder-von der Tann (Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch)

ecco Verlag

320 Seiten

Erschienen am 23.11.2021

Hardcover (mit Lesebändchen)

ISBN: 978-3-7530-0009-1




Alice Walker

Weidenfeld and Nicolson

272 Seiten

Erschienen am 04.08.2022

Hardcover (zahlreiche weitere Ausgaben)

ISBN: 978-1-4746-2558-6







"Die Farbe Lila" als Hörbuch geniessen

Hörbuch "Die Farbe Lila" - Alice Walker

Wie erwähnt gibt es "Die Farbe Lila" auch als Hörbuch bei Storytel (in einer Produktion vom Ecco Verlag und Bayern2). Es wird genial gelesen von Sithembile Menck. Sie verleiht vor allem Celie als Ich-Erzählerin eine sehr passende Stimme, ruhig, aber doch kraftvoll, so dass wir ihr uns sehr nah fühlen.



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Storytel: Die Hörbuch-Flatrate



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